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Gesundheit: Starke Präsidenten haben es schwer

Von George Turner, Wissenschaftssenator a.D.

Die Aussage, die deutschen Universitäten müssten endlich wieder Anschluss an die Weltspitze gewinnen, wird verbunden mit der Forderung nach mehr Autonomie und einem effektiven Management. So richtig diese Forderung ist, so schwer ist sie umzusetzen. Dies zeigt sich am deutlichsten bei Wahlen von Präsidenten oder Rektoren.

Bei der erstmaligen Wahl mag der Ruf, jemand sei durchsetzungsfähig, arbeite zielgerichtet und verstehe es, die Institution nach außen wirkungsvoll zu vertreten, noch hilfreich sein. Stellt jemand solche Fähigkeiten bei der Amtsausübung unter Beweis, riskiert er die Wiederwahl. Universitäten sind komplizierte Gebilde, in denen die Mitglieder nicht etwa durch eine „corporate identity“ geeinigt sind. Sie sind vielmehr die Addition von Einzelinteressen, nicht selten auch Egoismen.

Das überrascht nicht unbedingt, ist doch jeder Wissenschaftler zunächst an seinem Fach und seiner Reputation interessiert. Dass die Einrichtung, die ihm Rahmen und Basis für seine Tätigkeit vermittelt, einen möglichst untadeligen Ruf haben, im politischen Raum eine gewichtige Rolle spielen und international anerkannt sein soll, wird als selbstverständlich erwartet. Nur kommt so etwas nicht von ungefähr. Solange die Universitäten sich in einer Art geschütztem Raum befanden, war das wissenschaftliche Ansehen der Gelehrten entscheidend.

Das änderte sich Ende der Sechzigerjahre, als die Universitäten mehr und mehr Objekte der Politik und damit auch der Auseinandersetzung wurden. Seither kommt es zwar weiter darauf an, dass in ihren Mauern hochkarätige Wissenschaft produziert wird; von Bedeutung ist aber auch, dass eben jene Merkmale – Management im inneren und Vertretung nach außen – erfüllt werden. Gelingt dies einem Amtsinhaber, erweckt das nicht selten Neid unter den Kollegen: den Kontakt zu den Großen dieser Welt hätte man selbst gern; man wirft ihm Profilierungssucht vor, wenn er sich für seine Universität engagiert. Das Durchgreifen im Inneren wird als Einmischung verstanden. Ein starker Präsident stört die eigenen Kreise. Die Folge ist häufig, dass er nicht wiedergewählt wird.

Solange die Mitglieder der Universität als Gruppenvertreter in den Gremien, „ihren“ Präsidenten selbst wählen, wird es dabei bleiben, dass erfolgreiche Repräsentanten es schwer haben, im Amt bestätigt zu werden. Eigeninteressen, gekränkte Eitelkeiten und „alte Rechnungen“, die beglichen werden, spielen oft eine entscheidende Rolle.

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