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Gesundheit: Staubkörner zerstören Turbinen: Wo kleinste Teilchen einen Millionenschaden anrichten

Wer schon einmal ein Flugzeug betrachtete, weiß eigentlich, wie eine Turbine aussieht. Schon seltener bekannt ist, dass ganz ähnliche Turbinen auch stationär, in Kraftwerken, arbeiten - und das mit wachsendem Wirkungsgrad, also immer besserer Ausbeute der eingesetzten Brennstoffe.

Wer schon einmal ein Flugzeug betrachtete, weiß eigentlich, wie eine Turbine aussieht. Schon seltener bekannt ist, dass ganz ähnliche Turbinen auch stationär, in Kraftwerken, arbeiten - und das mit wachsendem Wirkungsgrad, also immer besserer Ausbeute der eingesetzten Brennstoffe. Nur bereiten die wirklich großen Gasturbinen ihren Betreibern noch etliches Kopfzerbrechen: Die enormen Temperaturen und der Druck in den Brennkammern zerstören das Material. Anlass genug für Hersteller, Energieversorger und Versicherer, sich in Potsdam einzufinden, um über neue Trends zu beraten.

Gasturbinen kommen vor allem in kleinen und mittleren Kraftwerken zum Einsatz, sie erreichen gelegentlich aber auch die Größe eines Einfamilienhauses. Die meisten von ihnen verfeuern Erdgas, manche jedoch Heizöl, fast wie die fliegenden Geschwister. Die heißen Brenngase treiben Schaufelräder auf einer Welle an, die ihrerseits am Ende mit einem Generator verbunden ist. Am Ausgang der Turbine sind die Gase immer noch heiß, sie können zur Dampferzeugung (also für Dampfturbinen) und für die Fernwärme genutzt werden.

In den vergangenen zehn Jahren sind Leistung und Wirkungsgrad dieser Turbinen mächtig gewachsen: Neueste Modelle leisten mehr als 300 Megawatt. Dazu sind Verbrennungstemperaturen über 1200 Grad Celsius und Drücke von 30 bar notwendig, die mannshohen Schaufelräder laufen mit 5000 Umdrehungen pro Minute und mehr. Neue Schutzschichten und keramische Werkstoffe erlauben es, die Heißgastemperatur um weitere 50 bis 100 Grad zu erhöhen.

Dies birgt aber auch Risiken, denn die Fehlertoleranzen werden immer kleiner. Schon winzige Staubkörner schlagen durch die Schaufeln wie Geschosse. Und das gibt Ärger: Eine moderne Gasturbine kostet Millionen, wenn sie ausfällt kommen weitere Verluste hinzu, möglicherweise bleiben unzählige Haushalte ohne elektrische Energie und Wärme. Aber "aus Kostengründen verzichten die Hersteller zunehmend auf langwierige Tests mit Prototypen, bevor sie ein neues Modell in Serie bauen", bedauert Gerhard Müller von der Allianz-Versicherung: "Die Betriebsparameter müssen exakt eingehalten werden, kurzzeitige Abweichungen können unverzüglich zum Totalschaden führen."

Im Heizkraftwerk Berlin-Mitte zum Beispiel arbeiten seit September 1996 zwei Gasturbinen von ABB, jede gibt 164 Megawatt Leistung ab. Sie erreichen einen elektrischen Wirkungsgrad von knapp 60 Prozent, die Fernwärme mit eingerechnet sind es fast 90 Prozent. Eine gründliche Inspektion ergab jetzt, dass sich an einigen Schaufeln Risse gebildet haben und einige beschichtete Segmente verschlissen sind. Insgesamt läuft die Anlage dennoch sehr zuverlässig.

In einem Dresdener Kraftwerk hingegen führte ein minimaler Schaden an einer Hitzeplatte im Innern einer 60-Megawatt-Turbine dazu, dass die Platte nach und nach abschmolz. Einige Teile wanderten durch die Schaufelräder, wo sie etliche Schaufeln abrissen - Totalschaden. Ein teurer überdies, denn eine Schaufel kostet rund 13 000 Mark, 90 Stück sind auf einem Läufer angebracht.

Um die Belastbarkeit der extrem heißen Teile zu verbessern, sind so genannte Metallmatritzen im Gespräch. Auf einer Nickellegierung liegen Schichten mit Aluminium oder Chrom auf, die bei den extremen Temperaturen oxidieren und so ein beständiges Schutzschild aufbauen. Allerdings müssen sie nach einiger Zeit ausgetauscht werden.

Neu im Gespräch sind Kohlenstoffstrukturen mit eingelagertem Magnesium, die vor allem für Flugzeugtriebwerke als aussichtsreich gelten. Auch keramische Werkstoffe werden erprobt. Diese als Thermal Barrier Coatings bezeichneten Materialien enthalten beispielsweise Zirkonoxid.

Eine neue Idee stellten skandinavische Ingenieure gemeinsam mit Fachleuten der Hamburgischen Electricitäts-Werke vor: Sie spritzen Dampf in die Brennkammer einer Turbine. Das Wasser kühlt den Brennraum von innen und ermöglicht eine gleichmäßigere Verbrennung. Allerdings gibt es noch Probleme, denn das Wasser muss sich gut mit der Verbrennungsluft und dem Brennstoff vermengen.

Heiko Schwarzburger

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