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Gesundheit: Studiengebühren: Der Staat darf zugreifen

In Baden-Württemberg urteilen jetzt die Gutachter

Ein Zugriff der Finanzminister auf die Studiengebühren ist rechtlich nicht zu verhindern, sagt der Tübinger Gebührenrechtler Ferdinand Kirchhof. Die Landesregierungen müssten in den Gebührengesetzen zwar genau begründen, warum sie die Studienbeiträge verlangen: für die personal- und kostenintensive Hochschulausbildung der Studenten. Aber was die jeweilige Landesregierung dann mit den Gebühreneinnahmen macht, stehe ihr offen. Das verfassungsrechtliche Budgetrecht des Staates stehe grundsätzlich über gesetzlichen Regelungen, wie sie ein Gebührengesetz treffen könne.

So wurde zum Beispiel die ursprüngliche Zweckbindung der Mineralölsteuer zur Finanzierung des Verkehrswegebaus zunehmend gelockert; seit 1999 fließen die Einnahmen teilweise in die Rentenversicherung. Eine strikte Zweckbindung der Studiengebühren, wie alle Wissenschaftsminister sie wollen, sei „politisch richtig, aber rechtlich nicht zwingend“, sagt Kirchhof.

Kirchhof, Professor für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Tübingen, hat jetzt von Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) den Auftrag erhalten, ein Rechtsgutachten zu erarbeiten. Kirchhofs Gutachten und ein zweites, mit dem der Stuttgarter Gebührenspezialist, Rechtsanwalt Klaus Peter Dolde, beauftragt wurde, sollen Grundlage des baden-württembergischen Gesetzentwurfs zur Einführung von Studiengebühren zum Wintersemester 2006/2007 werden.

Die beiden Gutachter sollten einen „hieb- und stichfesten Gesetzentwurf“ vorbereiten, heißt es aus dem Stuttgarter Ministerium. Minister Frankenberg befürchtet ansonsten Klagen von Studierenden, kaum dass die Gebühr eingeführt ist – auch Verfassungsklagen. Hier wolle man die Hinweise aufgreifen, „die uns das Gericht gegeben hat“, sagte Frankenberg der Nachrichtenagentur dpa. Dabei gehe es vor allem um die vom Grundgesetz in Artikel drei und zwölf garantierte Freiheit und Gleichheit in der Ausbildung, erklärt Kirchhof. Das Hochschulstudium soll allen offen stehen, die für ein Studium geeignet sind. Wenn sie durch die Erhebung einer Gebühr vom Studium abgehalten würden, wäre das ein Klagegrund. „Deshalb brauchen die Länder Darlehen, die es ermöglichen, die Gebühren erst nach dem Ende des Studiums einkommensabhängig und abhängig von der sozialen Situation zu zahlen“, erklärt Kirchhof. Der zweite Gutachter, Klaus Peter Dolde, betont, es gehe darum, „ein studierfreundliches Gesetz zu machen“.

Die Äußerungen der Verfassungsrichter zu der von den Unionsländern diskutierten „sozialverträglichen Gebührenhöhe“ von 500 Euro hält Kirchhof „nicht für bindend“. Das Gesetz müsse so entwickelt werden, dass die Gebührenhöhe „diversifiziert“ werden könne.

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