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Gesundheit: Studierende aller Länder Bundesweit demonstrierten 20000: „überraschend viele“ in Essen, „enttäuschend wenige“ in Berlin

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) wurde gestern auf keiner der fünf Demonstrationen gegen Studiengebühren gesichtet. Aber in Gedanken sei sie bei den Studierenden, sagte ein Sprecher.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) wurde gestern auf keiner der fünf Demonstrationen gegen Studiengebühren gesichtet. Aber in Gedanken sei sie bei den Studierenden, sagte ein Sprecher. Als sich in den Mittagsstunden einige Tausend auf den Weg machten, wussten sie auch den Bundeskanzler auf ihrer Seite: Bei einem Wahlkampfauftritt in Husum warnte er am Mittwochabend die unionsregierten Bundesländer vor der abschreckenden Wirkung von Gebühren ab dem ersten Semester. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Studenten“, sagte Schröder.

Auf die Straße gegangen sind bundesweit knapp 20000 Studenten – deutlich weniger als bei der letzten Protestwelle im Winter 2003, als allein in Berlin 30000 gegen schlechte Studienbedingungen und auch gegen Gebühren demonstrierten. Aber in Essen, wo um 13 Uhr die erste Demo startete, waren es schon mehr als erwartet. Rund 2000 seien den PlakatParolen wie „Vorlesungen – noch eintrittsfrei“ gefolgt, „überraschend viele“, kommentierte Kay Reif von der Ruhr-Universität Bochum, der die Demo mitorganisiert hat. Die Polizei zählte nur rund 1000 Demonstranten. Gerechnet hatte Reif mit 500 Teilnehmern, weil gestern mit der Weiberfastnacht der Karneval begann. In Hamburg, Mannheim, Leipzig und Berlin hätten die Protestzüge bestimmt noch größeren Zulauf, hoffte der Student.

Tatsächlich kamen in Leipzig nach Polizeiangaben vom Abend gut 5000 zusammen, in Mannheim 4000 und in Hamburg 7000. Die Studenten selbst zählten weitaus mehr Teilnehmer. „Wir sind 10000, es ist gigantisch“, sagte Asta-Sprecher Jonas Füller von der Uni Hamburg. Eine Delegation aus Flensburg habe das Erfolgsrezept der „Norddemo“ mit ihrem Plakatspruch auf den Punkt gebracht: „Studierende aller Hochschulen vereinigt euch – gegen Bildungs- und Sozialabbau.“ Am Hamburger Hauptbahnhof ließen die Studenten 500 gasgefüllte Luftballons steigen, an denen Fotos ihres Unipräsidenten und des Wissenschaftssenators Jörg Dräger (siehe Interview unten) hingen – um sie symbolisch „zum Mond zu schießen“.

In Berlin gingen laut Polizei rund 1500 Studenten auf die Straße, begleitet von einer Samba-Trommel-Gruppe. Matthias Pallasch, ein 20-jähriger Student des Technischen Umweltschutzes, hatte sich einen dramatischen Kopfschmuck gebastelt: Ein Spielzeugmesser schien seinen Kopf zu durchbohren, am Griff ein Zettel mit der Aufschrift „Man sucht ja nach Alternativen“. Er sei enttäuscht, dass so wenige Kommilitonen gekommen seien, sagte Pallasch. Die wögen sich wohl in Sicherheit, weil die rot-rote Landesregierung offiziell gegen Studiengebühren ist. „Aber wenn ein Land anfängt, ziehen alle anderen nach.“

Peter Hartig, Studentenvertreter an der Humboldt-Universität, dagegen hält die Berliner Lage bis 2007 für sicher. Warum also solle man jetzt demonstrieren, fragten sich die meisten. „Theoretische Planungen haben im Studenten-Alltag keine große Brisanz.“ Außerdem sei der Zeitpunkt für bundesweite Demonstrationen schlecht geplant gewesen. Viele Studenten schrieben jetzt Klausuren und könnten es sich nicht leisten, bei der Demo einen halben Tag zu verlieren. tiw/-ry

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