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Gesundheit: Unikate: Der Revolutionär

In loser Folge stellen wir in den kommenden Wochen politisch aktive Studenten vor - Vertreter des Mainstream ebenso wie Anhänger eher abseitiger Ideen. Bereits erschienen: Der Antikapitalist (31.

In loser Folge stellen wir in den kommenden Wochen politisch aktive Studenten vor - Vertreter des Mainstream ebenso wie Anhänger eher abseitiger Ideen. Bereits erschienen: Der Antikapitalist (31. Januar), der Ökologe (28. Februar), der Anthroposoph (3. März).

Der Informatikstudent mit den langen Haaren sitzt vor seinem Ei-Brötchen. Das liegt da unberührt, der Sozialismus ist zu kompliziert, um gleichzeitig ins Brot zu beißen. "Wir leben in einer bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft", sagt Daniel Apelt. "Um das System zu stürzen, braucht es revolutionäre Zustände." Das ist das Ziel, langfristig. Die Revolution.

Bis dahin aber bleibt noch viel Zeit, denn Daniel Apelt glaubt nicht, dass er die Revolution noch erleben wird. Also verwendet er seine Kraft, um in der Zwischenzeit einen Initiativenkeller zu eröffnen, ein Tonstudio einzurichten und, das ist ganz wichig, herauszufinden, wie der Sozialismus eigentlich aussehen soll, der nach der Revolution kommen wird. Das weiß Daniel Apelt nämlich noch nicht so genau.

Dass er ein linker Sozialist ist, da ist er sich trotzdem sicher. Er guckt wie Hilfe suchend durch seine kleine Brille: Er studiere schließlich nur Informatik und Geographie. "Da fehlen einem die theoretischen Grundlagen, die Geisteswissenschaftler haben." Auf das Soziale im Sozialismus kommt es ihm an, so viel kann er sagen: genug zu essen für alle, ein Dach über dem Kopf, das Recht auf Arbeit. Der freie Markt muss durch eine regulierte Wirtschaft ersetzt werden. Eine, die es nicht nur leistungsstarken Menschen ermöglicht, ihre Grundversorgung zu sichern. Nein, Planwirtschaft möchte er dazu nicht sagen.

Daniel Apelt ist in der DDR aufgewachsen. In einer Familie, die von der Staatssicherheit beobachtet wurde - sein Onkel floh 1978 in den Westen. Kirchennah seien sie gewesen. Natürlich findet Daniel Apelt den Sozialismus, wie er in der DDR herrschte, nicht gut. Aber bei den Wahlen zum Studentenparlament kandidiert er trotzdem für die HDS, die Hochschulgruppe Demokratischer Sozialisten. Viele von deren Mitgliedern stehen der PDS nahe. Daniel Apelt auch: "Bei denen sind am ehesten sozialistische Ideen verwirklicht." Das ist allerdings nur ein realpolitisches Zugeständnis. Bis sich eines Tages eine Mehrheit findet für die Revolution.

Seine Großeltern können nicht verstehen, dass er jetzt PDS wählt, sich als Sozialisten bezeichnet. Ob er nichts gelernt habe, aus 40 Jahren DDR? Nun ja, er sei doch für individuelle Rechte, Meinungsfreiheit, eine Chance für jeden, sich selbst zu verwirklichen. Allerdings: "Das System, wie es jetzt ist, lässt sich nur gewaltsam stürzen." Das sagt er mit viel Nachdruck. Dann wird er wieder unsicher. "Das mit der Gewalt muss jeder für sich entscheiden. - Ich glaube, ich würde keine Gewalt einsetzen."

Weder Marx und Lenin, noch Cohn-Bendit oder Dutschke - sozialistische Vorbilder hat Daniel Apelt nicht: "Mit den 68ern der Bundesrepublik kenne ich mich nicht aus, die RAF war feige, die Sowjetunion ein schlechtes Vorbild." Wie sein Sozialismus dann aussieht? "Das weiß ich noch nicht", sagt Daniel Apelt. Aber bis zur Revolution ist es ja noch lange hin, da bleibt noch Zeit, darüber nachzudenken.

Sibylle Salewski

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