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Gesundheit: Unikate: Gänsehaut durch Geister

Die Kulturwissenschaftlerin Beate Rabe erforschte dämonische Erscheinungen auf FotosVON JOSEFINE JANERTDer Anstoß kam vor zwei Jahren in Wien.Beate Rabes Bekannter, Journalist beim österreichischen Fernsehen, drehte einen Bericht über ein Briefbomben-Attentat.

Die Kulturwissenschaftlerin Beate Rabe erforschte dämonische Erscheinungen auf FotosVON JOSEFINE JANERTDer Anstoß kam vor zwei Jahren in Wien.Beate Rabes Bekannter, Journalist beim österreichischen Fernsehen, drehte einen Bericht über ein Briefbomben-Attentat.Die angehende Kulturwissenschaftlerin war schockiert.Schockiert über die Produktion der Bilder, darüber, wie durch Weglassen Inhalte verzerrt werden.Durch die Medien, so lernte sie, können soziale Ängste geschürt oder beschwichtigt werden.Man darf sich nicht darauf verlassen, was die da senden.Die Informationen "sind kein Abbild der Realität", nein, "wir reagieren auf Informationen, die wir brauchen, um uns zu orientieren." Die Wertesysteme sowohl des Journalisten, als auch der Rezipientin, spielen dabei eine Rolle. Die dämonischen Bilder ließen die junge Frau, die die wissenschaftlich-trockenen Debatten im Elfenbeinturm bislang mit Skepsis verfolgte, nicht mehr los.Sie inspirierten Beate Rabe zu einer Magisterarbeit über "Geheimnisse der Informationsgesellschaft", eingereicht an der Humboldt-Universität im Dezember 1996.Da über die Rolle der Medien in unserer Zeit schon ausgiebig geschrieben wird, verlegte sie ihr Interesse aufs 19.Jahrhundert.Für Forschungen über die "Dämonologie der Fotografie", eine modifizierte Fassung einiger Kapitel ihrer Abschlußarbeit, erhielt die Thüringerin den Deutschen Studienpreis. Ihre Recherche bezieht sich auf die Jahre, als Telegrafie und Fotografie noch in den Kinderschuhen steckten.Parallel zur Entwicklung der modernen Medien, die viele Menschen mit Unverständnis und Unkenntnis verfolgten, schwappte damals eine Spiritismus-Welle über Europa und Nordamerika.Berichte über unerklärliche Phänomene häuften sich, die Leute versuchten, mit Toten zu kommunizieren."Man versuchte, dem Umbruch der Medien mit älteren kulturellen Mustern beizukommen", sagt Beate Rabe.Mit Klopfzeichen, die dem Morsealphabet der gerade erfundenen Telegrafie verdächtig ähnelten, verständigte sich eine Familie in der US-amerikanischen Stadt Hydesville 1848 mit einem vermeintlichen Poltergeist.Gespenster hatte es im Volksglauben schon immer gegeben, doch diese Form der Begegnung mit ihnen war neu. Die Faszination an den unerklärlichen technischen Entdeckungen auf der einen, die Angst davor auf der anderen Seite spiegelten sich in den Versuchen, auch auf anderen Ebenen Unerklärliches zu entdecken.Noch heute läuft einem beim Betrachten jener alten Fotografien, auf denen neben einer deutlich sichtbaren Person noch der Schatten einer zweiten zu erkennen ist, ein Schauer über den Rücken.Wahrscheinlich handelt es sich um das Ergebnis von Doppelbelichtungen, doch Zeitgenossen glaubten, auf den Bildern die Spuren von Verstorbenen zu erkennen.Diese Geister machten das Medium Foto populär.Ganze Kommissionen bemühten sich um die Aufklärung der dämonischen Rätsel, stapelweise erschienen gegen Ende des 19.Jahrhunderts Anleitungen für Hobby-Knipser und spiritistische Heftchen. Beate Rabe hat neben zahlreichen anderen Quellen auch die "Zeitschrift für Parapsychologie" bis in die zwanziger Jahre gelesen, hat verfolgt, wie einzelne Fotografen des Schwindels überführt wurden."Es ist ein Wesenszug der Medien an sich, daß sie manipuliert werden können", resümiert sie. Durch die intensive Auseinandersetzung, ja den Kampf mit dem Thema hat Beate an der Wissenschaft so richtig Feuer gefangen und erwägt nun sogar eine Promotion: Das Thema soll "Blumen als kulturelle Gewächse" lauten.Ihre Lieblingsblume, der Feldmohn, "wächst überall, aber man kann ihn nicht pflücken, denn dann ist er schnell hin." Vorerst nimmt die Mutter einer vierjährigen Tochter an einem Traineeprogramm für Hochschulabsolventen teil, um sich betriebswirtschaftliche Kenntnisse anzueignen.Ihr Fernziel ist eine Arbeit im Kulturmanagement.Im Frauenchor "Krassnaja" singt sie russische Sauf- und Klagelieder, übersetzt, da sie als einzige Russisch spricht, die Texte und bringt den anderen die Aussprache bei.Worüber in den Songs geklagt wird? Na, zum Beispiel über Liebeskummer.Vielleicht spielt auch der eine oder andere Geist eine Rolle.

JOSEFINE JANERT

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