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Gesundheit: Unis in Mitteldeutschland kontrollieren sich gegenseitig

"Einen müden Dreier" nennen Studenten den seit 1995 bestehenden Verbund der Universitäten Leipzig, Jena und Halle. Diesen Vorwurf wollen die Protagonisten des Verbundes nicht auf sich sitzen lassen.

"Einen müden Dreier" nennen Studenten den seit 1995 bestehenden Verbund der Universitäten Leipzig, Jena und Halle. Diesen Vorwurf wollen die Protagonisten des Verbundes nicht auf sich sitzen lassen. Alles soll künftig flotter zugehen. Das kündigten sie jedenfalls in Jena an, als das fünfjährige Jubiläum des Dreierbundes gefeiert wurde. Bei dem Dreierbund handelt es sich um eine Zusammenarbeit von Universitäten, die in verschiedenen Ländern beheimatet sind: in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Die Idee des länderübergreifenden Bundes ist gut, aber sie passt eigentlich erst in die Zukunft der virtuellen Universität, wenn Lehrveranstaltungen aus Jena zur gleichen Zeit nach Halle oder Leipzig übertragen werden können oder wenn ohne Ortswechsel eine Konferenzschaltung intensive Diskussionen an drei Orten gleichzeitig ermöglicht. Bisher scheitert das Vorhaben, möglichst vielen Studenten der drei Universitäten mit einem Studentenausweis den gleichen Zugang zu Lehrveranstaltungen, Seminaren und Bibliotheken zu eröffnen, an der Entfernung. Wer von Jena nach Halle oder Leipzig fährt, muss am Tag vier Stunden in der Bahn sitzen und dafür 40 Mark zahlen. Kein Wunder, dass die Zahl der Studenten, die von einer der Unis zu einer anderen bewegen, unter 50 liegt und dass selbst in dem gut verbundenen Städtepaar Leipzig-Halle nur 50 bis 60 Studenten die jeweils andere Universität aufsuchen.

Die Idee, einen solchen Verbund zu gründen, fassten die Rektoren der drei Universitäten, weil sie sich gegen die "Bevorzugung" der Konkurrenzhochschulen in den jeweiligen Landeshauptstädten Erfurt, Dresden und Magdeburg wehren wollten. Jetzt soll der Dreierbund eine Neubelebung erfahren. Und zwar wegen der Notwendigkeit, Lehre und Forschung in den nächsten Jahren systematisch zu evaluieren. In der Lehre spielt die Befragung der Studenten eine große Rolle. Auf die Evalution durch die Hochschulangehörigen der jeweiligen Universität folgt die Fremdbeurteilung. Dafür sollen die Fachleute aus der jeweiligen Partneruniversität sorgen. Wenn die Lehrerbildung in Halle beurteilt wird, werden das die Kollegen aus Jena und Leipzig in die Hand nehmen. Und am Ende der Evaluation müssen Zielvereinbarungen stehen, die die Universitätsleitung mit den jeweiligen Fakultäten trifft: Aus der Analyse der Stärken und Schwächen soll eine Verbesserung folgen.

Der größte Teil der Studenten erwartet von der Hochschule eine Berufsqualifizierung auf wissenschaftlicher Grundlage, plant aber nicht, Wissenschaft zum Beruf zu machen. Damit ist die Qualität der Lehre angesprochen, und zwar für die Masse der Studenten. Wenn den Universitäten die Autonomie etwas Wert sein soll, müssen sie rasch auf die Forderungen nach einer Verbesserung der Lehre reagieren. Denn die Länderregierungen fordern das mit Nachdruck.

Inzwischen gibt es im neuen Hochschulrahmengesetz die Forderung nach Evaluation, und die Ländergesetze ziehen nach. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verlangen von ihren Hochschulen regelmäßige Lehrberichte. Der für die Qualitätssicherung in der Hochschulrektorenkonferenz zuständige Gerhard Schreier erklärte den in Jena versammelten Professoren, dass überall dort, wo die Studenten nach der Qualität der Lehrveranstaltungen gefragt wurden, mit den Berichten ordentliche Erfahrungen gemacht wurden. Didaktische Fragen wie die Aufbereitung der Lehrstoffes werden von den Studenten in den Vordergrund gerückt und nicht etwa die modische Farbe der Krawatte des Dozenten. Über ähnliche positive Erfahrungen berichtete der Präsident der Stanford University, Gerhard Casper, vor kurzem bei einem deutsch-amerikanischen Expertentreffen. Denn aus Amerika stammt die Idee, die Studenten nach der Qualität der Lehre zu befragen.

Der Dreier-Bund möchte die Evaluation nicht auf dem Niveau von Einschaltquoten, vergleichbar der Fernsehshow "Wetten dass", organisieren, sondern plant eine klare Stufenfolge. Nach ersten Erfahrungen mit der Bewertung einzelner Vorlesungen sollen jetzt ganze Fächer überprüft werden. Nachdem dann genügen Erkenntnisse vorliegen, wollen die drei Universitäten zur Verbesserung der Lehre gemeinsame Fachkonferenzen in Hochschuldidaktik veranstalten.

Außerdem ist die Gründung einer Akkreditierungsorganisation für die Zulassung neuer Studiengänge zwischen den drei Universitäten geplant. Alleine die neue Form der Zulassung von Bachelor- und Masterstudiengängen durch Akkreditierungskommissionen setzt eine regelmäßige Beurteilung der Lehre voraus. Denn künftig werden nicht mehr Rahmenstudienordnungen zwischen Hochschulrektorenkonferenz und Kultusministern jahrelang ausgehandelt, sondern Akkreditierungsagenturen übernehmen diese Aufgabe. In ihnen wirken außer den Hochschulvertretern auch Repräsentanten aus der Wirtschaft mit, um eine schnelle Anpassung der Studiengänge an die globale Entwicklung und den Fortschritt der Wissenschaft zu gewährleisten.

Der Prorektor der Universität Halle-Wittenberg, Thomas Bremer, gab die Zielrichtung vor: "Aus dem müden Dreier wollen wir einen aufgeweckten, flotten Dreier machen."

Uwe Schlicht

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