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Gesundheit: United World College: Wie werde ich ein besserer Mensch?

Welcher junge Mensch würde sich selbst nicht als offen für andere Länder bezeichnen, als tolerant und aktiv? Doch die Prüfer in der Auswahlkommission der United World Colleges (UWC) wollen es genauer wissen.

Welcher junge Mensch würde sich selbst nicht als offen für andere Länder bezeichnen, als tolerant und aktiv? Doch die Prüfer in der Auswahlkommission der United World Colleges (UWC) wollen es genauer wissen. Sie wählten unlängst 18 deutsche Schüler aus, die von diesem Sommer an ein UWC-Stipendium erhalten. Nach zwei Jahren an einem der weltweit zehn Colleges können sie die internationale Hochschulreife erreichen.

Doch wer meint, dort zwei harmlose Schuljahre im Ausland verbringen zu können, der irrt. Neben dem obligatorischen Unterrichtsstoff stehen Sozial-, Gemeinschafts- und Rettungsdienste auf dem Pflichtprogramm. Außerdem soll jeder Schüler in dem Ganztagsgymnasium lernen, tolerant mit anderen Mentalitäten umzugehen. Zu diesem Zweck wohnen die Schüler in Vierer-Gemeinschaften, die aus verschiedenen Nationalitäten bestehen. "Wer sich da behaupten will, muss sich auf den anderen einlassen", kommentiert Benjamin Klooß. Vor über einem Jahr hat er seinen Zivildienst in Hamburg beendet. Danach erhielt er ein UWC-Stipendium. Auch er musste die ganze "Auswahlprozedur" über sich ergehen lassen. Dem Gespräch mit den Prüfern folgte ein Referat. Anschließend musste er eine Diskussionsrunde leiten. Bleibt man da nicht lieber in Ruhe bis zum Abitur auf seiner alten Schule? Rückblickend meint der UWC-Schüler, die Anstrengungen haben sich gelohnt: "Man bekommt mit den Lehrern engen Kontakt, den man auf einer deutschen Schule nicht hätte".

Ein Jahr im Ausland lockt jeden Schüler, wenn er sich in der heimischen Umgebung langweilt oder sich von den Eltern abnabeln will. Doch der Eintritt in die Edelschule, deren Präsidenten keine geringeren als die Königin von Jordanien und Nelson Mandela sind,wird einem nicht einfach gemacht. "Allein die Eignung ist entscheidend", betont Christian Hodeige, ebenfalls ein Ehemaliger der UWC und derzeit Vorsitzender des UWC International Board. "Die Schüler müssen den anderen gewähren lassen können. Toleranz ist sehr wichtig." Hodeige ist heute Herausgeber der Badischen Zeitung in Freiburg. Doch wer ist mit 16 schon eine ausgereifte Persönlichkeit?

Über den gesamten Erdball sind die United World Colleges mit insgesamt 30 000 Schülern verteilt. Deutsche Schüler zwischen 15 und 17 Jahren bewerben sich in der Regel nach Abschluss des zehnten Schuljahres. Gefordert werden von ihnen nicht nur gute Noten, sondern insbesondere die Fähigkeit, sich und anderen in Krisensituationen zu helfen. Das pädagogische Leitmotiv gründet auf "sozialer Kompetenz", die der Pädagoge Kurt Hahn als Gründungsvater in den 50er Jahren formulierte. In den letzten Jahrzehnten schossen überall internationale Schulen wie Pilze aus dem Boden. Um sich von ihnen abzuheben, hat UWC die sozialen Ansprüche an die Schüler noch erweitert. "Wer nur die Karriere im Sinn hat, dem können die UWC nicht helfen", meint Benjamin Klooß.

Der internationale Abschluss "International Baccalaureate" ist in Deutschland wenig bekannt. Was die jungen Leute dennoch lockt, ist das Fremde, die Herausforderung mit einem Inder, einem Amerikaner und einem Südafrikaner auf engstem Raum zu leben. Auch in der Auswahlkommission sitzen ehemalige Schüler wie Detlef Palm, der Oberbürgermeister von Reinbek, einer kleinen Gemeinde südöstlich von Hamburg. "Viele der jungen Leute, die einen Platz bekommen, sind sehr engagiert, zumindest aber begeisterungsfähig", sagt er. Den deutschen Schulbehörden bescheinigt er Provinzialität, weil sie der Anerkennung des Abschlusses immer wieder Steine in den Weg legen.

Jährlich bewerben sich 200 bis 300 deutsche Schüler, von denen ein Drittel zum Auswahlverfahren eingeladen wird. Rund 2800 Mark müssen die Eltern monatlich für ihre Sprösslinge hinblättern. Trotzdem müssen sie keine Kennedys sein. Die UWC verteilen Stipendien und - wenn es einmal nicht reicht - bitten die Eltern um einen Beitrag in ihrem eigenen Ermessen. "Begüterte Eltern sind eher knickerig", hat Detlef Palm festgestellt. "Eine Verkäuferin beispielsweise ist oft viel spendabler." Die UWC selbst finanzieren sich aus Zuschüssen durch Bundesbehörden und Spenden. Dem Vorwurf, die Schule sei elitär, will sich der Freiburger Christian Hodeige "im positiven Sinn" nicht verwehren, wenn es denn der internationalen Verständigung dient.

Gudrun Weitzenbürger

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