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Gesundheit: Untergewicht – bei alten Menschen ein Problem

Altersmediziner: Heimbewohner sind nicht selten durch Mangelernährung gefährdet

Mit Gewichtsproblemen haben auch ältere Menschen zu kämpfen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin bestätigt. Laut der jüngsten Untersuchung der Bundesgesundheit sind etwa drei Viertel der über 70-Jährigen übergewichtig oder gar fettsüchtig. Allerdings war bei der Berliner Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie fast nur von Mangelernährung die Rede. Und schon vor Jahren hatte eine Heidelberger Studie bei etwa 60 Prozent 75-jähriger Versuchspersonen Untergewicht festgestellt.

Wie der Widerspruch zustande kommen könnte, erläuterte Gert Mensink, Ernährungsexperte im RKI, dem Tagesspiegel: Bei der Bundeserhebung erfasste man die Bewohner von Alters- und Pflegeheimen gar nicht, die durch Mangelernährung aber besonders gefährdet seien. Die Heidelberger Studie umfasste dagegen ausschließlich Heimbewohner.

Die Altersmediziner bestätigten es auf ihrer Tagung. Die Fettleibigkeit wird auch im Alter häufiger, bei sehr betagten Personen dominiert aber das Untergewicht. Es handelt sich offensichtlich um zwei verschiedene Risikogruppen. Die RKI-Erhebung ließ leider das neunte und zehnte Lebensjahrzehnt außer acht. Stark Übergewichtige sterben wegen Gesundheitsrisiken wie erhöhte Blutzucker-, Blutfett- und Blutdruckwerte meist früher.

Eher werden die Schlanken uralt – und magern dann immer mehr ab: weil sie zum Beispiel nicht mehr richtig kauen oder schlucken können. Oder weil sie kaum noch zum Einkaufen gehen können oder an Depressionen und Appetitlosigkeit leiden. Auch im Pflegeheim wird zu wenig darauf geachtet, dass die alten Menschen genug essen.

Bei der Einlieferung ins Krankenhaus sind 20 bis 50 Prozent der sehr alten Patienten mangelernährt, sagte die Potsdamer Geriaterin Romana Lenzen-Großimlinghaus. Untergewichtige haben in der Inneren Medizin eine 2,6-fache, in der Chirurgie eine 3,4-fache Komplikationsrate. Mangelernährung schwächt das Immunsystem. Infekte sind häufiger, Wundliegen wird begünstigt, Wundheilung beeinträchtigt, Krankheiten dauern länger.

Überdies trinken Betagte oft zu wenig, weil das Durstgefühl im Alter nachlässt. Das Blut dickt sich ein, die Thrombosegefahr steigt, die Haut wird überempfindlich, Verstopfungen sowie Harnwegsinfekte nehmen zu. Durch die mangelhafte Blutzufuhr lässt die Hirnleistung nach, bis zu Verwirrzuständen.

In den Kliniken gibt es nur wenige Ernährungsteams. Diese werden zudem meist von Firmen finanziert, die teure flüssige Zusatz-, Sonden- oder Infusionsnahrung vermarkten wollen, wie in der Oktobernummer der Klinikzeitschrift KMA kritisiert wird. Aber selbst 70 Prozent der über den Magen künstlich Ernährten bleiben untergewichtig, sagte Albert Standl, Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin in München.

Und welche Ernährung ist für gesundes Altern zu empfehlen? Deutlich Übergewichtige müssen abnehmen. Die anderen sollten kein Idealgewicht anstreben, sondern durchaus etwas zuzusetzen haben – für Zeiten der Krankheit und des hohen Alters.

Die vorteilhafte Mittelmeerkost (viel Obst und Gemüse sowie Getreideprodukte, öfters Fisch, wenig Fett, Fleisch, Eier und Zucker) ist auch im Alter richtig – und täglich anderthalb bis zwei Liter trinken. Auch Wein oder Bier in Maßen darf es sein. Hans-Jörg Werner (Darmstadt) verwies auf eine amerikanische Studie, wonach ein bis sechs Glas Alkoholisches pro Woche das Demenz-Risiko halbieren.

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