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Gesundheit: Wann geht es endlich los?

Die Misere der deutschen Universität ist hinlänglich analysiert. Sie braucht mehr Geld, den Wettbewerb um bessere Forschung und bessere Studenten – und klare Entscheidungen

Mit Edelgard Bulmahn kann man über alles reden. Elite-Universitäten? Den Wettbewerb um 1,25 Förder-Milliarden hat die Bundesforschungsministerin selber ausgelobt. Die Universitäten wollen sich ihre Studenten zu hundert Prozent selbst auswählen, damit sie hochmotivierte Bewerber effizient zum Abschluss führen und die Abbrecherquoten gegen Null senken können? Bulmahn ist dafür und hat nichts dagegen, wenn die Länder die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze, ZVS, in eine Servicestelle umwandeln.

Elite fördern, Leistung fordern, sich dem Wettbewerb stellen, Differenzen in der Begabung der Studierenden sehen und sie danach sortieren – das sind heute keine Tabus mehr in der sozialdemokratischen Bildungspolitik. Und an den deutschen Hochschulen schon gar nicht mehr. Abgesehen von einigen antragsgestressten Wissenschaftlern ist man sich dort sogar einig, dass sich auch Hochschullehrer der Konkurrenz stellen müssen: in regelmäßigen externen Evaluationen ihrer Forschung und Lehre und in entsprechender leistungsbezogener Bezahlung. So ist es kein Wunder, dass Bulmahn am Freitag bei einer Berliner Tagung zum modernen Hochschulmanagement in die Offensive gehen kann. Gerade eben haben die Kultusminister der Länder beschlossen, Bulmahns Wettbewerb um die Spitzen-Uni mit einem sehr viel breiter angelegteren Programm für exzellente Fachbereiche und Fakultäten, für gute Lehre und akademische Nachwuchsförderung zu toppen.

Da nutzt die Ministerin ihren Auftritt vor gut 200 Hochschulmanagern und Wissenschaftspolitikern, die auf Einladung der Hanns Martin Schleyer- und der Heinz Nixdorf-Stiftung sowie der Humboldt-Universität in die Akademie der Wissenschaften an den Gendarmenmarkt gekommen waren, um ein paar Dinge klarzustellen: Mehr Geld für Forschung und Lehre, wie es zuvor neben vielen anderen der einstige Berliner Wissenschaftssenator und heutige Generalsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, Manfred Erhardt, gefordert hatte? Unbedingt: Die Wettbewerbsprämien für die Spitzenunis sind „zusätzliches Geld“, betont Bulmahn. Sie kommen nicht aus den Bundesmitteln für Hochschulbau. Und weiter gekürzt werden soll da nicht, erklärte das Bundesbildungsministerium am Wochenende – trotz der angespannten Haushaltslage.

Die Ministerin sieht sich einig mit den „sehr geehrten Herren und Damen“ im Leibniz-Saal der Akademie. Aber sie tut so, als wisse sie nicht, worüber die sich einen langen Tagungstag lang einig waren, bevor Bulmahn dazukam.

Und das sind Studiengebühren! Ob nun Manfred Erhardt ein „sozial vertretbares Kostenbeitragssystem“ anmahnt oder Hamburgs Wissenschaftssenator Jörg Dräger auch die Höhe der Gebühren, die einzelne Hochschulen oder Studiengänge verlangen können, im freien Wettbewerb ermitteln will: Studiengebühren, die die Studierenden als Darlehn erhalten, und zurückzahlen, wenn sie nach dem Abschluss gut verdienen, sind nicht mehr aufzuhalten. Warum aber fragt niemand Bulmahn, ob sie auch da zu Kompromissen bereit wäre? Man weiß, dass die Gebührenfrage die letzte uneinnehmbare Bastion sozialdemokratischer Bildungspolitik ist. Und hofft auf das Bundesverfassungsgericht, dass in den nächsten Monaten über eine Klage CDU-geführter Bundesländer gegen das von Bulmahn ins Hochschulrahmengesetz geschriebene Gebührenverbot entscheiden will.

Überhaupt lechzen Deutschlands Hochschulmanager nach Entscheidungen. Ihre fatale Lage, trotz leerer Landeskassen und unter ständigem Kürzungsdruck endlich wieder in der Weltspitze mitreden zu wollen und zu sollen, haben sie längst analysiert. Die Auswege scheinen ebenfalls auf der Hand zu liegen: Hochschulreformen, bei denen vor allem Bürokratie abgebaut wird, und unkonventionelles Fundraising. Und sei es durch Bulmahns Wettbewerb; besser noch, wenn ein weiteres Bund-Länder-Programm für Exzellenz-Netzwerke dazukommt.

Aber wenn es endlich losgeht, drohen Konflikte. Ein Beispiel: Wer mittelmäßigen Studenten den Übergang vom Bachelor zum Master verweigern will, wird bald das Bundesverfassungsgericht gegen sich haben.

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