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Gesundheit: Welcher Eingriff nützt dem Kranken tatsächlich?

Von Rosemarie Stein Sie sind krank und stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Sie möchten sich nicht blindlings der Behandlung unterziehen, die Ihnen vorgeschlagen wird.

Von Rosemarie Stein

Sie sind krank und stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Sie möchten sich nicht blindlings der Behandlung unterziehen, die Ihnen vorgeschlagen wird. Vielmehr wollen Sie erst mit dem Arzt besprechen, was sie überhaupt taugt, ob sie für Ihren speziellen Fall von Nutzen sein kann und was es für andere therapeutische Möglichkeiten gibt. Ein Beispiel:

Ihre verengten Herzkranzgefäße verursachen Ihnen erhebliche Beschwerden. Der Arzt erklärt, ein Eingriff sei unumgänglich, und für Ihren Fall kämen zwei Verfahren in Frage: Die Bypass-Operation oder die Aufdehnung der Arterien mit dem Ballonkatheter (Ballondilatation). Welches Verfahren ist weniger belastend und welches bringt mir auf Dauer mehr Nutzen? Das wollen Sie wissen.

Die Antwort steht in einem Bericht, der auf allen weltweit veröffentlichten methodisch einwandfreien Studien fußt. Sie ergaben übereinstimmend, dass beide Verfahren die Angina pectoris-Beschwerden und die Lebensqualität wesentlich bessern können und dass auch die Rate der Herzinfarkte und der Todesfälle nach beiden Eingriffen gleich ist. Das gilt auch für die Kosten.

Aber die Koronararterien verschließen sich teilweise wieder. Vor allem im ersten Jahr nach einem Eingriff muss die Ballondilatation bei einer größeren Zahl von Patienten wiederholt werden als die Bypass-Operation. Also, so meint der Autor, sollte man es jenen Patienten, bei denen beide Verfahren möglich sind, selbst überlassen, was sie vorziehen: die Aufdehnung der Herzkranzgefäße als den kleineren Eingriff, aber mit dem größeren Risiko einer notwendig werdenden Wiederholung; oder die Bypass-Operation mit ihrem nachhaltigeren Effekt.

Den Bericht schrieb Matthias Perleth, der das deutsche Organisationskomitee eines ganz besonderen Weltkongresses leitete: In Berlin tagten bis Mittwoch etwa 700 Wissenschaftler und Praktiker des Gesundheitswesens aus vielen Ländern der Erde, und es zeigte sich, dass sie trotz unterschiedlicher Gesundheitssysteme überall dieselben Probleme haben: Wie bewertet man zuverlässig den praktischen Nutzen medizinischer Mittel und Methoden sowie von Organisationsformen der Gesundheitsversorgung, wobei auch ethische, juristische, ökonomische und soziale Aspekte zu berücksichtigen sind?

„Health Technology Assessment (HTA)" heißt das im internationalen Fachchinesisch, auch wenn es keineswegs nur um Medizinisch-Technisches geht. Die „International Society of Technology Assessment in Health Care“ kam schon zu ihrer 18. Jahrestagung zusammen, aber zum ersten Mal in Deutschland. Der Rückstand, den wir in der Versorgungsforschung, auch in der Verfahrensbewertung haben, wird jedoch seit einigen Jahren rasch aufgeholt, nicht zuletzt dank einer Initiative der Gesundheitspolitik, samt bescheidener finanzieller Förderung seit 1995.

Die Methodenbewertung auf streng wissenschaftlicher Grundlage sei als ein Mittel gegen die Unter-, Über- und Fehlversorung gesetzlich verankert worden, berichtete Hiltrud Kastenholz aus dem Bundesgesundheitsministerium. Das dem Ministerium zugeordnete „Deutsche Institut für Medizinische Dokumentaton und Information“ (Dimdi) in Köln erhielt den Auftrag, ein Informationssystem aufzubauen, die Forschung zu koordinieren und die nach bestimmten methodischen Vorgaben erarbeiteten Bewertungsberichte zu veröffentlichen.

Diese Bewertungen sollten Patienten, Ärzte, Kassen, Sozialgerichte und Gremien wie dem Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen eine nachprüfbare Grundlage für Entscheidungen bieten. Da es sehr aufwändig ist, hieb- und stichfeste Berichte zu erarbeiten, haben die Länder mit einer intensiven Zusammenarbeit begonnen. Sie war Hauptthema des Kongresses. Vor allem sollen die Berichte untereinander ausgetauscht werden. Derzeit übersetzt man zum Beispiel HTA-Berichte aus Schweden ins Deutsche, wie Alice Rüther (Dimdi) mitteilte.

In Deutschland wurden bisher fast 30 Berichte fertiggestellt, zum Beispiel über Kniegelenkspiegelung, Desensibilisierung bei Asthma, Schlaganfall-Intensivstationen, Knochendichtemessung, Mammographie-Screening, Hüftersatz. Weitere elf sind demnächst fertig, und die nächsten 34 Themen stehen schon fest. Priorität haben Verfahren, die neu oder sehr umstritten sind, von High Tech bis alternativ.

Mehr im Internet unter:

www.dimdi.de

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