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Gesundheit: Wer die erste Geige spielt

Passionierter Posaunist und musikalischer Manager: Christhard Gössling will die Berliner Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ international an die Spitze bringen

Christhard Gössling hat kein Problem mit dem Begriff „Elite“. In seinen Kreisen hat das von vielen Bildungspolitikern erst kürzlich wiederentdeckte Wort schon immer einen positiven Klang. Wohlhabende Eltern oder gute Beziehungen allein nützen im internationalen Musikbusiness nämlich wenig. In den inner circle der Künstlerelite gelangt nur, wer aus eigener Kraft Spitzenleistungen erbringt. So wie der gebürtige Westfale Gössling: Mit 13 Jahren war er schon Jungstudent an der Musikakademie in Detmold, mit 21 wurde er Soloposaunist des Kölner Gürzenich Orchesters, seit 1984 spielt er in derselben Position bei den Berliner Philharmonikern. Außerdem war er von 1992 bis 1998 im Vorstand des Orchesters, ist Vater von neun Kindern und unterrichtet seit 1995 Studenten an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin (HfM). Seit dem Sommersemester 2000 leitet Gössling die Hochschule erfolgreich als Rektor. Vor wenigen Wochen wurde sein Vertrag verlängert.

Auf dem Weg zur Ausbildungsstätte der Elite von morgen sind die Kunsthochschulen den Universitäten einen entscheidenden Schritt voraus: In strengen Auswahlverfahren suchen sie sich ihre Studenten traditionell selber aus. Darum fällt es der HfM auch leichter, den Sparvorgaben des Senats Folge zu leisten. 1,5 Millionen Euro soll die Hochschule laut mittelfristiger Finanzplanung bis 2009 aus ihrem Etat herausquetschen. Das bedeutet eine Reduzierung der Studienplätze von derzeit 850 aus 700. Bis Ende Juni muss ein Strukturplan entwickelt sein. „Vor allem müssen wir festlegen, was wir im Nebeneinander mit der Universität der Künste beibehalten und wo wir kooperieren wollen,“ erklärt Gössling. Im Bereich Jazz ist eine enge Zusammenarbeit so gut wie beschlossen, was die Opernsängerausbildung betrifft, werden noch verschiedene Modelle diskutiert. Bei der Qualität der Professoren soll die HfM nach dem Willen des Rektors aber in jedem Fall künftig die erste Geige im Konzert der 22 bundesdeutschen Musikhochschulen spielen: Durch die intensiven Kontakte, die er als Mitglied der Philharmoniker zu Spitzensolisten und -dirigenten aufbauen konnte, ist es Gössling gelungen, klingende Namen nach Berlin zu verpflichten. Vor allem, seit es die Möglichkeit gibt, auf ein Jahr befristete halbe Gastprofessuren zu vergeben. So können auch gefragten Instrumentalisten wie der Geiger Gidon Kremer oder Sängerstars wie Julia Varady Auftritte und Lehrtätigkeit unter einen Hut bekommen.

Weil jeder dieser Spitzenmusiker wiederum künstlerische Freunde nach Berlin locke, sei der Kreis der HfM-Lehrkräfte mittlerweile „ziemlich konkurrenzlos“, fügt Gössling stolz hinzu. Das würden die Kollegen an der Universität der Künste wohl kaum unwidersprochen hinnehmen – unbestritten aber sind zwei Standortvorteile der HfM: Einerseits die zentrale Lage am Gendarmenmarkt, direkt beim Konzerthaus und in unmittelbarer Nachbarschaft zu Staatsoper und Komischer Oper. Und andererseits die Größe: Weil die „Eisler“-Hochschule gerade keine Massenuni ist, sondern ein überschaubarer Betrieb, in dem die Studenten tatsächlich die Chance haben, sich kennen zu lernen.

Um seine Hochschule in der breiten Öffentlichkeit noch bekannter zu machen, kann Gössling jetzt auch den neu geschaffenen Hochschulrat nutzen: Seit die Berliner Kunsthochschulen keine nachgeordneten Behörden des Landes Berlin mehr sind, darf die HfM externe Fachleute in das Gremium berufen. Neben dem Dirigenten Sebastian Weigle und dem ehemaligen Philharmoniker-Intendanten und jetzigen Geschäftsführer des Frankfurter Ensembles Modern, Elmar Weingarten, konnten der Internet-Manager Christian Töpper und der frühere Wirtschaftsminister Werner Müller gewonnen werden. Als es bei der ersten Sitzung um einen Nachfolger für den aus Altersgründen ausscheidenden Hochschulkanzler Günter Schwarz ging, schlug Müller gleich vor, den Job künftig mit einem Sockelgehalt und finanzieller Beteiligung an der Drittmitteleinwerbung auszuschreiben. So schnell schießen die Preußen bei allem Reformwillen dann doch nicht: Im Juni wird ein Beamter aus der Innenverwaltung an die HfM wechseln.

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