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Gesundheit: Wider die Monopole

Gesundheitsreform: Freiheit und Wettbewerb sollten der Maßstab sein Von Carl Friedrich Gethmann

und Klaus-Dirk Henke Allen Mängeln zum Trotz zeichnet sich das deutsche Gesundheitswesen durch seinen hohen Leistungsstandard und vor allem durch eine noch immer umfassende Absicherung aus. Sie ermöglicht jedermann den Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung. Dennoch werden weitreichende Reformen angesichts der demographischen Herausforderung und des wünschenswerten medizinischen Fortschritts unausweichlich. Und die aktuelle Diskussion über die Gesundheitsreform der Großen Koalition zeigt, dass es nicht einfach ist, einen zumindest politisch tragfähigen Kompromiss umzusetzen.

Zukünftige Reformen sollten sowohl zu einer Stärkung der Eigenverantwortung von Patienten und Versicherten als auch zu mehr Wettbewerb unter den Leistungserbringern wie Ärzten und Krankenhäusern und den Krankenkassen führen. Dies ist keineswegs bloß eine ökonomische Forderung. Die Eigenverantwortung ist Ausdruck der Freiheit des Bürgers und der Wettbewerb verbessert die Effizienz und damit die allgemeine Wohlfahrt. Auch aus medizinischer Sicht sind beide Prinzipien gerechtfertigt, wenn sie Vorbeugung, Behandlung, Rehabilitation und Pflege sichern und verbessern. Eigenverantwortung und Wettbewerb dienen also durchaus den ethischen und verfassungsmäßigen Forderungen nach Gerechtigkeit und Wohlfahrt.

Ein Reformmodell, das diesen Ansprüchen genügt, erfordert eine Mindestversicherungspflicht für alle bei weitgehender Wahlfreiheit. Die Grundleistungen werden unterhalb des jetzigen Niveaus liegen, da versicherungsfremde Leistungen, Rand- und Wahlleistungen und auf lange Sicht auch die zahnmedizinische Versorgung im Rahmen einer neuen Versicherten- und Patientenmündigkeit nicht mehr in der Grundversorgung enthalten sein können und daher auf einem „zweiten“ Gesundheitsmarkt nachgefragt werden sollten.

Die Absicherung von Zusatzleistungen sollte dem Versicherten überlassen werden, wodurch auf der Grundlage einer Basisversorgung eine weitgehende Wahlfreiheit bei der Gestaltung des individuellen Krankenversicherungsschutzes entsteht. Eine konsequente Realisierung eines Versicherungsprinzips bindet die Beiträge nicht länger an die Einkommen (mit dem unerwünschten Nebeneffekt einer Erhöhung der Arbeitskosten), sondern an den individuellen Versicherungsvertrag. Es empfiehlt sich, die bisherigen Arbeitgeberbeiträge an die Arbeitnehmer steuerpflichtig auszuzahlen.

An die Stelle der heutigen Dualität von Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung sollte eine neue Anbieterpluralität treten, die eine dynamische Grundversorgung der Bevölkerung zu unterschiedlichen Preisen ermöglicht. Zugleich sollten die monopolistischen Strukturen, die zum Teil erst durch staatliche Eingriffe entstanden sind, auf der Leistungsanbieterseite aufgebrochen werden, insbesondere das Vertragsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigungen.

Wird das Gesundheitswesen zunehmend privatwirtschaftlich organisiert, genügt die staatliche Wettbewerbsaufsicht, um dem Missbrauch wirtschaftlicher Macht aus öffentlicher Verantwortung gegenzusteuern. Die „gemeinsame Selbstverwaltung“ der Ärzte und Krankenkassen und die Bundesausschüsse könnten dann zu Beratungsgremien herabgestuft werden. Mit der Abkopplung der Versicherungsprämien vom Einkommen könnte auch die Sonderrolle der Tarifpartner der Vergangenheit angehören.

Die Autoren sind Mitglieder der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die vor kurzem ein Manifest zur Reform des Gesundheitswesens vorgelegt hat. Heute abend diskutieren Politiker und Wissenschaftler um 20 Uhr in der Akademie (Markgrafenstraße 38) über „Wege zu einem zukunftsfähigen Gesundheitswesen“. Der Eintritt ist frei.

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