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Gesundheit: Wissenschaftlicher Nachwuchs: Die Doktoren sind zu alt

Der wissenschaftliche Nachwuchs ist zu alt! Diese Klage wird eigentlich in jeder Diskussion über das deutsche Hochschulsystem erhoben.

Der wissenschaftliche Nachwuchs ist zu alt! Diese Klage wird eigentlich in jeder Diskussion über das deutsche Hochschulsystem erhoben. Warum das so ist, zeigen einzelne Untersuchungen, wie jetzt die Evaluierung der Berliner Doktorandenförderung NaFöG.

Mit 76 Prozent hat das Programm eine hohe Erfolgsquote. Um die 50 Prozent sind dies beispielsweise bei der Begabtenförderung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, erläuterte die Autorin der Studie, die Sozialwissenschaftlerin Martina Röbbecke. Dennoch steht das NaFöG "am Scheidepunkt", so der Vorsitzende der NaFöG-Kommission, Peter Steinbach. Denn die Promotionsdauer ist alarmierend: 4,9 Jahre vergingen durchschnittlich zwischen Hochschulexamen und mündlicher Doktorprüfung. In der größten Geförderten-Gruppe, den Geistes- und Sozialwissenschaften, dauerten die Promotionen sogar im Durchschnitt 5,3 Jahre. Alarmierend ist dies auch deshalb, weil das NaFöG von vornherein nur Hochqualifizierte fördert. Ihre Leistungen müssen "weit über dem Durchschnitt" liegen. Eine Promotion soll aber künftig in der Regel nicht mehr länger als höchstens drei Jahre in Anspruch nehmen, so jedenfalls der Stand der aktuellen Diskussion über bessere Qualifizierungswege für den Wissenschaftler-Nachwuchs.

Was also ist zu tun? "Die Laufzeit ist mit zwei Jahren eindeutig zu kurz. Die Förderung muss für drei Jahre gewährt werden", fordert Steinbach als Konsequenz aus den Evaluierungsergebnissen. Bisher wird die Begabtenförderung nur für zwei Jahre gewährt, mit Verlängerung für drei. Nach zwei Jahren haben der Untersuchung zu Folge aber nur drei Prozent der Stipendiaten ihre Promotion abgeschlossen. Befragt wurden 666 der 856 Stipendiaten mit Bewilligungen von 1991 bis 1995.

Eine andere Ursache wird sichtbar, wenn man die Höhe der Unterstützung betrachtet: 1200 Mark monatlich plus 200 Mark Sachmittel liegen bei den hohen Lebenshaltungskosten einer Großstadt "am unteren Rand". 56 Prozent der ehemaligen Stipendiaten konnten zusätzlich auf Unterstützung ihrer Familie bauen, 49 Prozent verdienten außerhalb der Hochschule Geld und etwa genauso viele an der Hochschule. Die Graduiertenförderung ist also nur ein Grundstein für die Finanzierung der Promotion, berichtete Röbbecke. Stipendien bei den Begabtenförderungswerken betragen rund 1800 Mark. Der Bericht empfiehlt, auch den NaFöG-Fördersatz zu erhöhen.

Ein weiterer entscheidender Faktor für den Erfolg der Promotion ist die Betreuung und die Einbindung in die fachliche Diskussion. 40 Prozent der Promovierten kritisierten bei der Untersuchung zu wenig Unterstützung durch die Betreuer. Die Gruppe mit den längsten Promotionszeiten von durchschnittlich 5,3 Jahren, die Sprach- und Kulturwissenschaftler, hat zugleich die geringste Einbindung in Hochschuleinrichtungen. Nur jeder Fünfte gab dies an.

Eine Überführung der Einzelförderung NaFöG in ein Kollegmodell, wie dies von der Freien Universität gewünscht wird, lehnte Steinbach aber ab. Die Erfahrungen mit den Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft würden intern "sehr skeptisch" beurteilt, berichtete der Wissenschaftler. Es entstehe dort eine gewisse Diskussionssterilität. Alle säßen an der gleich Lektüre. Die Konkurrenz sei groß. Wer nicht als Erster seine Arbeit fertig stelle, habe es schwer. Steinbach appellierte daher an Senat und Abgeordnetenhaus, das NaFöG stark zu machen und beide Fördermöglichkeiten zu erhalten.

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