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Gesundheit: Wissenschaftszentrum Bonn: Der schwierige Weg zur Stadt des Wissens

Am vergangenen Sonntag wurde in Bonn groß gefeiert - mit dem Bundespräsidenten, dem Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz, Repräsentanten aller wichtigen Wissenschaftsorganisationen und natürlich jedem Bildungsbeflissenen in der Bundesstadt, der kommen wollte. Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft hatte ins "Wissenschaftszentrum Bonn" (WZ) eingeladen.

Am vergangenen Sonntag wurde in Bonn groß gefeiert - mit dem Bundespräsidenten, dem Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz, Repräsentanten aller wichtigen Wissenschaftsorganisationen und natürlich jedem Bildungsbeflissenen in der Bundesstadt, der kommen wollte. Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft hatte ins "Wissenschaftszentrum Bonn" (WZ) eingeladen. Denn das Wissenschaftszentrum besteht seit 25 Jahren, und seitdem sind rund 200 Millionen Mark Stiftungsgelder in Bau und Betrieb geflossen. Hier und in der unmittelbaren Nachbarschaft residieren 27 nationale und internationale Wissenschaftsorganisationen mit Geschäftsstellen oder Teilen davon, darunter die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der Deutsche Akademische Austauschdienst und die Hochschulrektorenkonferenz. "Es ist das größte Förderprojekt in unserer 81jährigen Geschichte", bemerkt der Generalsekretär des Stifterverbandes, Manfred Erhardt.

Der Stifterverband hat so monumental gebaut, als würde Bonn auf ewig die "Bundeshauptstadt" bleiben. Am Sonntag wurde das Wissenschaftszentrum so aufwändig gefeiert, als wenn schon morgen mit ihm alles vorbei wäre - genauer gesagt, es seiner Gründungsidee entsprechend schleunigst in die aktuelle Hauptstadt nach Berlin umziehen müsste. Erhardt spricht von einem "Erosionsprozess", der nach dem Umzug der Regierung und vieler Verbände auch die Wissenschaftsorganisationen vom Rhein an die Spree treiben könnte.

Generalsekretär Erhardt fühlt sich auch von Bonn selbst düpiert. Das örtliche Finanzamt verlangt vier Millionen, weil das Wissenschaftszentrum jetzt im Grundbuch vom Erbauer und Leasinggeber auf den Stifterverband übergeht. "Vier Millionen von Stiftern in das Staatssäckel!", Erhardt kann darüber nur den Kopf schütteln. Besonders stiefmütterlich sieht er sich außerdem im Bonn-Berlin-Ausgleich behandelt. Seit Sommer 1997 läuft ein Antrag auf sechs Millionen Investitionen für einen neuen Konferenzsaal im Wissenschaftszentrum mit 500 Plätzen - bislang gibt es keinerlei Antwort.

Sie kann höchstens verlegen ausfallen. Immerhin soll der gesamte frühere Plenarbereich in Bonn in ein Kongresszentrum umgewandelt werden: Wer soll die vielen Tagungen künftig bestellen und bezahlen?

Im unmittelbaren Umkreis des Wissenschaftszentrums wurden davon schon 50 Millionen Mark für Neubauten des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Hochschulrektorenkonferenz ausgegeben. "Wenn man auf uns hier weniger Wert legt, soll man es sagen. Seit Jahrzehnten sind wir der größte Gönner der Region. Wir wollen hierbleiben - aber dann muss man uns klar zeigen, dass wir wollen sollen", sagt Erhardt unmissverständlich.

Der Wandel von der "Hauptstadt" zur "Wissenschaftsstadt" gelingt Bonn offenbar nur mit Mühen. Die Bonner Universität steht alles andere als glänzend da. Die Hochschulmedizin leidet unter schlechten Noten des Wissenschaftsrates. Die Düsseldorfer Landesregierung will die gesamte Lehrerausbildung, das Rückgrat der Philosophischen Fakultät, einstellen, wenn das Studium nicht nach einem Bachelor-Master-Modell reformiert wird. Zahlreiche Fachprofessuren müssten dabei für Didaktik umgewidmet werden. Aber der Uni-Senat stellt sich stur.

Viele Hoffnungen ruhen jetzt auf "Caesar", einem Vorhaben mit 750 Millionen Mark Steuergeldern, bislang eine Baugrube.Der imperiale Name ist das Kürzel für "Center of Advanced European Studies and Research", Europäisches Zentrum für Forschungen. Die Namengebung sagt alles über den Geisteswandel in Bonn: Bis zum Regierungsumzug konnte sich die "Bundeshauptstadt" in überlegener Position fühlen; danach musste eine "Wissenschaftsstadt" an die Stelle treten - das Phantasma einer wegweisenden Instanz an der Spitze des technologischen Fortschritts in Europa.

Den wirklichen Wandel in der Stadt gestaltet einstweilen hauptsächlich die Deutsche Telekom, ganz greifbar in der freundlichen Übernahme früherer Parteizentralen, Botschaften, Residenzen - womöglich kommt demnächst auch das bisherige "Wissenschaftszentrum" hinzu. Generalsekretär Erhardt hat selbstverständlich heute schon eine "Außenstelle" am Gendarmenmarkt in Berlin.

Hermann Horstkotte

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