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Panorama: Gigantische Eisfläche verschwindet

Eisberg reißt 500 Quadratkilometer vom Schelfeis. Kongress in Hamburg diskutiert Extremwetter-Folgen

Hamburg/Washington - In der Antarktis ist ein gigantischer Eisberg aus dem Schelfeis gebrochen. Der Berg mit einer Größe von 41 mal 2,5 Kilometern löste sich schon am 28. Februar von der Südwestseite des Wilkins-Schelfeises. Anschließend sei dadurch eine Eisfläche von weiteren 405 Quadratkilometern auseinandergebrochen, teilte das US-Eis- und Schneedatenzentrum (NSIDC) in Boulder mit. Damit hat sich insgesamt Eis von rund 500 Quadratkilometern, etwa der doppelten Fläche Münchens oder Frankfurt am Mains, abgelöst. Das Wilkins- Schelfeis liegt rund 1000 Kilometer vor der Südspitze Südamerikas an der südwestlichen antarktischen Halbinsel.

Jim Elliot von der Britischen Antarktis-Gesellschaft drehte von einem Forschungsschiff aus ein Video über das Ausmaß der Zerstörung. Die Region sehe aus wie nach einem Bombenanschlag, erklärte er. Eisblöcke von der Größe kleiner Häuser seien abgebrochen und wie Geröll abgegangen.

Die Forscher machen den Klimawandel für den raschen Zerfall des Eisschildes verantwortlich. In den vergangenen 50 Jahren sei in der Region mit durchschnittlich 2,5 Grad Celsius der stärkste Temperaturanstieg weltweit verzeichnet worden. „Wir glauben, dass das Wilkins-Schelfeis schon seit mindestens ein paar hundert Jahren dort war. Aber warme Luft und die Einwirkung der Meeresbrandung verursachen jetzt ein Abbrechen“, sagte der führende NSIDC- Wissenschaftler Ted Scambos. Schelfeis schwimmt auf dem Meer, ist aber fest mit dem Eis an Land verbunden. Nur ein dünner Streifen intakten Eises verhindere jetzt noch, dass es zu weiteren Abbrüchen an dem insgesamt mehr als 13 000 Quadratkilometer großen Eispanzer komme.

Wenn das Eis sich noch mehr zurückziehe, drohe schon in naher Zukunft der Verlust des halben Schildes, sagte Scambos. Der Wilkins-Schild werde von warmen Meeresströmungen fortbewegt.

Wissenschaftler studieren den Abbruch von Schelfeis besonders gründlich, weil dadurch beeinflusste Gletscher den Meeresspiegel steigen lassen könnten. „Im Fall des Wilkins-Schelfeises wird der Meeresspiegel nicht angehoben, weil es sowieso schon auf dem Ozean schwimmt“, erklärte Scambos aber. In den nächsten Monaten sei außerdem kein weiteres Schmelzen mehr zu erwarten, da der Sommer auf der Südhalbkugel vorbei sei. „Im kommenden Januar werden wir sehen, ob das Wilkins weiter auseinanderbricht“, so der Wissenschaftler.

Schmelzendes Eis in der Antarktis beeinflusse auch die sehr sensible Nahrungskette der Tiere dort, befürchtet der deutsche Polarexperte Arved Fuchs. Dadurch sei auch der Bestand von Pinguinen und Walen gefährdet: „Wale und Pinguine ernähren sich von Krill (Kleinkrebsen). Wenn das Eis schmilzt, gibt es weniger Algen, die unter dem Eis wachsen und damit auch weniger Krill“, erklärte der Abenteurer und Buchautor, der zu den Referenten eines dreitägigen Extremwetter-Kongresses gehört, der am Mittwoch in Hamburg begann. Fuchs erklärte, im vergangenen Sommer sei in der Arktis eine Fläche abgetaut, die etwa der vierfachen Fläche Deutschlands entspreche: „Das ist ein absoluter Minusrekord, seitdem man so etwas beobachtet .“

Bei dem Extremwetter-Kongress werden auch die Folgen des Klimawandels in Deutschland diskutiert: In Mitteldeutschland und im Südwesten sind extremere Niederschläge zu erwarten, in Süd- und Ostdeutschland steigt die Gefahr von Dürreperioden, im Norden macht sich der Temperaturanstieg besonders bemerkbar. Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) werden die ärmeren Bundesländer Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Bremen und Brandenburg davon in den kommenden 50 Jahren wirtschaftlich bis zu fünfmal so stark betroffen sein wie wohlhabendere Länder. dpa/AFP

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