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Panorama: Glamour mit Öko

Hollywood wird grün: Stars engagieren sich immer mehr demonstrativ für die Umwelt

Für Umweltfragen war Hollywood immer schon empfänglich, jedenfalls wenn es um Katastrophen in ferner Zukunft ging. Genussvoll malte die Filmindustrie den Untergang der Welt durch die Sünden der Menschen in apokalyptischen Farben aus. Zuletzt war es der Film „The Day After Tomorrow“, der ankündigte, was mit der modernen Welt wohl passieren würde, wenn die Klimaerwärmung weiter zunimmt. Es war der Vorbote eines Trends: In Zeiten, in denen Hollywood wieder politisch wird, entdecken Stars die Umwelt und ergreifen demonstrativ Partei für umweltbewusste Lebensweisen. Dabei scheinen die neuen grünen Themen Bushs Irakkrieg abzulösen, der noch vor einigen Monaten ganz vorn bei den Schauspielern lag.

Brad Pitt und Angelina Jolie spazieren derzeit durch die Wüste von Namibia, tun Gutes und reden darüber. Denn von Südwestafrika aus sponsort Pitt gemeinsam mit der Promi-Umweltorganisation „Global Green“ einen Architekturwettbewerb für den umweltfreundlichen Wiederaufbau der durch einen Hurrikan zerstörten Stadt New Orleans. Und man kann erwarten, dass das Paar, das in den nächsten Wochen sein erstes gemeinsames Kind erwartet, dieses in Ökowindeln wickeln und mit Biobabybrei füttern wird.

Gesunde Ernährung ist schon lange ein Thema von Schauspielern, schließlich sind Schönheit und Ausstrahlung wertvolles Kapital. So wechselten die jeweils angesagtesten Diäten und Hungerkuren fast im Monatstakt, und manche Stars – zum Beispiel Brad Pitts Ex-Verlobte, Oscar- Preisträgerin und zwischenzeitliche erklärte Veganerin Gwyneth Paltrow – magerten so ab, dass sich ihre Umwelt plötzlich Sorgen machte.

Jetzt wird gleich der gesamte Lebensstil runderneuert, auch bei Paltrow: So redet sie in Talkshows statt über ihren neuen Film bevorzugt über Sonnenenergie, ihre Kollegin Alicia Silverstone wirbt für Recycling, Cameron Diaz und Julia Roberts fahren, ähnlich wie das Paar Jolie/Pitt, statt mit benzinschluckender Stretchlimousine mit einem umweltfreundlichen Hybridauto, das auf Elektroantrieb umschalten kann – wenn sie nicht gleich demonstrativ zu Fuß bei der neuesten Premierenparty erscheinen. Leonardo DiCaprio dreht gerade einen Film über globale Erwärmung, und „Ökosalons“ für Prominente gelten in Los Angeles derzeit als letzter Schrei. Die Mai-Editionen von „Vanity Fair“ und „Elle“ bringen das Thema jetzt auf ihre Titelseiten. In „Vanity Fair“ warten „50 einfache Tipps, um den Planeten zu retten“ – drunter geht’s nicht. Kaliforniens republikanischer Gouverneur Arnold Schwarzenegger hatte das Thema schon vorher für sich entdeckt und setzt sich demonstrativ für die Förderung von Wasserstoffautos ein. In mancher Hinsicht reagiert Hollywood auf einen Trend, der in allen Industrieländern schon länger zu beobachten ist. Umweltpolitisches Engagement darf heute sexy sein – und muss das auch, wenn es nicht völlig aus den Schlagzeilen verdrängt werden will. Ein zweiter Grund dafür, warum Umweltengagement gerade unter Filmstars angesagt ist: Bei einer Talkshow über die Schönheit der Natur zu reden, wirkt gelassener und imagefördernder, als mit Transparenten vor dem Weißen Haus zu demonstrieren. Öko-Glamour ist schicker. Die Verteidigung des „richtigen Lebens“ steht dabei kaum im Widerspruch zu den konservativen Werten der amerikanischen „Moral Majority“ und passt auch gut zu den Reinheitsvorstellungen des Puritanismus, die im Bush-Amerika gerade eine Renaissance erleben. Gegen die Pflege der Umwelt ist keiner, Statements hierzu bieten weniger Angriffsfläche als Kritik an Guantanamo oder der Kampf für bessere Gesundheitsversorgung und gegen Washingtoner Lauschangriffe. So kann man in Hollywood mit dem lautstarken Wettern gegen Energieverschwendung und dem Kaufen von Bioprodukten ganz einfach Punkte machen.

Aber Eitelkeit kann auch ihr Gutes haben. Vielleicht kommt die Botschaft tatsächlich an und eine US-Regierung ändert irgendwann ihre Klimapolitik. Kyoto-Verweigerer Bush fand am Sonntag im Interview mit Christiansen beim Thema Umwelt immerhin aus dem Stand einige versöhnlich klingende Worte.

Rüdiger Suchsland

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