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Glück: Den Spaß muss man ernst nehmen

Eckart von Hirschhausen ist "Deutschlands lustigster Arzt", Kabarettist und Mediziner. Nun will er uns den Weg zum Glück erklären und stellt dabei fest, dass es Männer oft einfacher haben.

Berlin - „Treffen sich zwei Säue am Trog. Fragt die eine: Was gibt es heute zum Mittag? Sagt die andere: Ach – schon wieder Perlen!“ Eine Geschichte von der Art, wie sie der Kabarettist und Arzt Eckart von Hirschhausen gern erzählt, lustig und lehrreich. Über das Glück lehrt sie uns, dass es nur in Dingen besteht, mit denen wir etwas anfangen können – mehr als ein Schwein mit einer Perle. Das Einheitsglück für alle gibt es nicht. Trotzdem gibt es ein paar Grundregeln, deren Beachtung das Leben mit großer Wahrscheinlichkeit glücklicher macht.

Täglich Perlen, Prada und Pralinen – das führt eher zu Abstumpfung als zu erhöhtem Lustgewinn. „Genuss zu unterbrechen steigert den Genuss“, mahnt uns der Mediziner. „Hören Sie in sich hinein, bevor Sie etwas in sich hineinstopfen!“

Was die moderne empirisch arbeitende Psychologie dazu weiß, hat der Wissenschaftspublizist Stefan Klein in „Die Glücksformel“ zusammengetragen, philosophische Gedanken finden sich in den Büchern von Wilhelm Schmid. Nun hat auch von Hirschhausen über das Glück geschrieben. „Glück kommt selten allein“, so betitelt er sein Buch – und wendet so ganz bewusst den Spruch vom Unglück, das selten allein kommt, ins Positive. Neu erfinden kann er den Weg zum Glück natürlich nicht. Dass gute Freundschaften oder das zeitweilige Aufgehen in einer Tätigkeit samt Belohnungs-„Flow“ für ein gelungenes Leben wichtig sind, haben vor ihm schon andere geschrieben. Immerhin wird es hier durch Studien belegt. Die zeigen auch, dass unser Glücksempfinden immer wieder vom Vergleich lebt: Reich finden wir uns nur, wenn wir uns mit Ärmeren messen. „Go to Bronze“ empfiehlt der Autor mit Hinweis darauf, dass der Silbermedaillengewinner nachweislich schlechter dran ist, weil er sich immer als Verlierer fühlt: Er vergleicht sich mit Gold, während der dritte Sieger sich am vierten misst – und also ein Gewinner ist.

Sich selbst zu mögen ist ebenfalls keine ganz neue Empfehlung. Von Hirschhausen illustriert sie jedoch trefflich, indem er zum Beispiel erzählt, wie unterschiedlich Männer und Frauen sich im Spiegel betrachten – und dass Männer in diesem Punkt glückstechnisch überlegen sind: Sie suchen sich nach seiner Beobachtung lieber in der Sauna einen Vergleichsmaßstab, vor dem sie gut aussehen, statt sich durch den Abgleich mit Modelfotos zu martern.

Unglücklich macht uns auch die verhängnisvolle Neigung, nur das Seltene für wertvoll zu halten. „Wir hängen unser Glück an Dinge, die kaum vorkommen, und wundern uns, wenn wir nur selten glücklich sind.“ Dabei prägt uns das, was wir oft denken und tun. „Auf die Dauer nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an“, hat schon Marc Aurel erkannt. Von Hirschhausen empfiehlt, sich lieber über ein ganz gewöhnliches dreiblättriges als über das seltene vierblättrige Kleeblatt zu freuen – weil man dann häufiger Anlass zur Freude hat.

Auch andere traditionelle „Glücksbringer“ sieht er skeptisch. Warum ausgerechnet den Schornsteinfeger als Glücksbringer betrachten – der doch die „unvollständige Verbrennung fossiler nichtregenerativer Brennstoffe“ symbolisiert?

Hinter manchem Klamauk und bühnenreifen Formulierungen spürt man die ernste Absicht des Herrn Doktor, den Leser zum Hans im Glück zu machen, indem er ihn vom Ballast tradierter Denkmuster befreit. Ist jeder seines Glückes Schmied? Von Hirschhausen ist Anhänger der „positiven Psychologie“, die vor allem durch die Arbeiten des US-Forschers Martin Seligman bekannt wurde und in der statt der Probleme die Ressourcen von Menschen als Ausgangspunkt dienen. Er blendet dabei die Erkenntnis nicht aus, dass gute Gefühle, evolutionsbiologisch betrachtet, nur Mittel zum Zweck sind. Eine Motivationshilfe, die uns zum Handeln antreibt, und keineswegs ein Dauerzustand. Echte Glückssucher und Humoristen blenden das Unglück nie ganz aus. „Meine Haltung als Arzt und Komiker ist seit 15 Jahren: Worüber wir lachen können, daran zerbrechen wir nicht.“

Adelheid Müller-Lissner

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