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Begehrter Rohstoff. Ein Arbeiter schichtet in einem Lager in Athen Brennholz-Scheite aufeinander.

© REUTERS

Griechenland: Kahlschlag in Krisenzeiten

Für viele Griechen ist Heizöl unbezahlbar geworden – in der Not besorgen sie sich illegal Brennholz. Im Athener Umweltministerium zeigt man sogar Verständnis für die finanziellen Sorgen der Bürger.

Noch genießen die Griechen spätsommerliche Temperaturen von fast 30 Grad. Aber viele Menschen blicken besorgt dem kommenden Winter entgegen. Wegen der Wirtschaftskrise werden Hunderttausende Familien in der kalten Jahreszeit kein Geld für das Heizöl haben. Manche Griechen ziehen deshalb jetzt mit Axt und Säge in die Wälder, um sich Brennholz zu besorgen. Den griechischen Wäldern droht ein Kahlschlag.

Bereits im vergangenen Winter blieben in zahllosen griechischen Wohnungen die Heizkörper kalt. Wegen massiv erhöhter Mineralölsteuern hatte sich der Heizölpreis gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt. In vielen Mietshäusern beschlossen deshalb die Bewohner, keinen Brennstoff mehr zu bestellen. Trotz des ungewöhnlich strengen Winters ging der Heizölabsatz in Griechenland gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein Viertel zurück. Viele Mieter heizten ihre Wohnungen nur notdürftig mit Elektrogeräten, was allerdings die Stromrechnung nach oben trieb.

Jetzt droht beim Heizöl ein weiterer Preisschub: Der Literpreis wird wegen erneuter Steuererhöhungen im Oktober von 1,05 Euro auf etwa 1,40 Euro steigen. Zugleich hat sich die wirtschaftliche Lage vieler Familien drastisch verschlechtert: Die Realeinkommen sind nach Berechnungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in den vergangenen zwölf Monaten um 25,3 Prozent gesunken. Die Arbeitslosenquote stieg im gleichen Zeitraum von 18 auf fast 25 Prozent.

Glücklich kann sich schätzen, wer einen Kamin hat, wie es ihn in Griechenland nicht nur auf dem Land in den meisten Häusern, sondern auch in vielen Stadtwohnungen gibt. Die Brennholzhändler erwarten wegen der erhöhten Mineralölsteuern eine Hochkonjunktur. Bereits im vergangenen Winter war die Nachfrage um 50 Prozent gestiegen.

Doch nicht alle Holzbestände, die sich jetzt in den Lagern der Händler stapeln, wurden legal geschlagen. Giorgos Amorgianiotis, der für die Forstwirtschaft zuständige Generalsekretär im griechischen Umweltministerium, lässt deshalb durch die Finanzpolizei und die Forstbehörden in Stichproben die Herkunft des Brennholzes in den Lagern prüfen. Wenn die Händler keine entsprechenden Papiere vorweisen können, drohen Strafverfahren.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass nicht nur manche Holzhändler, sondern auch Privatleute in den Wäldern unerlaubt Holz schlagen. Im mittelgriechischen Kreis Larissa wurden in den vergangenen Wochen bereits 110 „Holz-Wilderer“ gestellt, im benachbarten Kreis Karditsa fassten die Förster 33 Personen, die ohne Genehmigung Bäume fällten. „In der Mehrzahl handelte es sich um Privatpersonen, die sich für den Eigengebrauch Brennholz zu besorgen versuchen“, berichtet Apostolos Tsakas, der Leiter der örtlichen Forstverwaltung. Mehrere hundert Tonnen illegal geschlagenes Holz wurden sichergestellt. Nachdem das Abholzen der Wälder bereits im vergangenen Winter nach Aussage des Umweltministeriums „epidemische Ausmaße“ angenommen hatte, droht jetzt ein weiterer Kahlschlag. Ökologisch ist das besonders bedenklich, weil in diesem Sommer eine Serie großer Brände die griechischen Wälder dezimiert hat: rund 50 000 Hektar Wald- und Buschland gingen in Flammen auf.

Im griechischen Umweltministerium zeigt man allerdings Verständnis für die finanziellen Sorgen vieler Menschen. Dorfbewohnern soll im kommenden Winter gestattet werden, unter Aufsicht des örtlichen Försters in bestimmten, geeigneten Waldstücken Holz für den Eigenbedarf zu schlagen. Die Bewohner der höher gelegenen Bergdörfer können außerdem Brennholz zu subventionierten Preisen bei der Forstverwaltung kaufen.

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