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Panorama: Groß-Luftkissenboote: Die Napfschnecke mit Gummiröckchen stirbt aus

Obwohl "Princess Anne" und "Princess Margaret" alte Damen geworden sind, geben sie ihren Passagieren immer noch den gleichen Techno-Kick wie bei ihrer Jungfernfahrt vor 32 Jahren. Doch im September werden die ersten Groß-Luftkissenboote der Welt außer Dienst gestellt.

Obwohl "Princess Anne" und "Princess Margaret" alte Damen geworden sind, geben sie ihren Passagieren immer noch den gleichen Techno-Kick wie bei ihrer Jungfernfahrt vor 32 Jahren. Doch im September werden die ersten Groß-Luftkissenboote der Welt außer Dienst gestellt. Die beiden "Hovercrafts" werden im Fährverkehr zwischen Dover und Calais durch Tragflügelboote ersetzt.

Diese Umstellung begründete "Hoverspeed" mit dem von der EU beschlossenen Ende des zollfreien Einkaufs. Mehr und mehr Briten würden jetzt ihr Auto nach Frankreich mitnehmen, um sich dort mit billigeren Waren einzudecken. Die Tragflügelboote hätten 50 Prozent mehr Kapazität, als die "Hovercrafts", die nur 80 Autos laden können. Zwar sind auch die Tragflügelboote technisch aufregend genug, aber sie können nicht das besondere Reiseerlebnis auf einem "Hovercraft" ersetzen.

Die von dem Briten Christopher Cockerell erfundene Kuriosität kann sich praktisch auf jedem Gelände fort bewegen. Es sieht aus wie eine riesige Napfschnecke mit Gummiröckchen. Unter diesen Saum wird Luft geblasen und die "Hovercrafts" schweben auf dem Luftkissen über Stock und Stein, Sumpf und Wellen. Ohne zeitraubende Anlegemanöver klettern sie in Dover und Calais vom Strand direkt ins Meer. Das geschieht unter ohrenbetäubenden Gezische, wobei Sand und Wassernebel das Boot umhüllen. Auf See treiben zwei Flugzeugpropeller das Gefährt zu einer Geschwindigkeit von fast 100 Kilometern.

Mit 35 Minuten war die "Hovercraft"-Fähre vor dem Bau des Tunnels die schnellste Art, von England zum Kontinent zu kommen. Vielleicht auch die abenteuerlichste: Das Fahrerlebnis glich einem Ritt in einer bockenden Waschmaschine. Bei dem Gerüttel erfordert es höchste körperliche Koordination, um den Kaffeebecher zum Mund zu führen. Der Cocktail wurde von selbst geschüttelt und der Lärm erstickte jeden Stoßseufzer und das Würgen seekranker Passagiere. Die Aussicht durch die wasserüberströmten Bullaugen ist so interessant, wie der Blick durch das Fenster einer Zugtoilette bei Platzregen. Als Ausgleich für den Verlust dieser Erfahrung verspricht "Hoverspeed" für die neuen "Sea Cats" mehr Komfort. Die Reise sei nur zehn Minuten länger und die Passagiere könnten die Aussicht und das Restaurant an Bord der geräumigen Tragflügelboote genießen. Aber die Nostalgie dieser herzlich rauen Kanalüberquerung auf einer "SR-N4" lässt sich nicht ersetzen.

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