zum Hauptinhalt

Panorama: Großbaustelle im Weltraum

Für die einen ist sie der lang erhoffte, erste Schritt auf dem Weg zur Besiedlung anderer Himmelskörper, des Mondes oder des Mars.Für die anderen ein "schwarzes Loch", das Milliarden verschlingt, während ihnen der Nutzen eher vage scheint.

Für die einen ist sie der lang erhoffte, erste Schritt auf dem Weg zur Besiedlung anderer Himmelskörper, des Mondes oder des Mars.Für die anderen ein "schwarzes Loch", das Milliarden verschlingt, während ihnen der Nutzen eher vage scheint.Am heutigen Freitag nun fällt der Startschuß für die "Internationale Raumstation" (ISS), das größte und mit Kosten von 100 bis 200 Milliarden Mark das bisher teuerste Weltraumprojekt.Eine russische Rakete soll das erste Modul der Raumstation ins All hieven.

Das zwölf Meter lange, eigenständige Raumfahrzeug "Sarja" stand schon lange abflugbereit auf dem kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur.Doch allein hat "Sarja" im All nichts verloren.Ist ein Modul der Raumstation erst einmal oben, müssen die anderen Bauteile zügig folgen.Wegen finanzieller Schwierigkeiten aber konnte ein anderes Modul, eine Versorgungskapsel mit Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen für bis zu drei Astronauten, nicht rechtzeitig fertiggestellt werden.Die russischen Firmen warteten lange vergeblich auf ihr Geld.Der ursprüngliche Starttermin verzögerte sich mittlerweile um etwa ein Jahr.

Heute nun soll "Sarja" in die Erdumlaufbahn gebracht werden.Mit eigenem Antrieb peilt sie anschließend eine Flughöhe von 350 Kilometern über der Erde an und klappt die Sonnensegel zur Stromversorgung aus.Die fertige Station muß später alle drei Monate von einer Raumfähre angehoben werden, um nicht auf die Erde zurückzufallen.Die Höhe wird zwischen 335 und 460 Kilometern variieren.

Nach und nach sollen in den kommenden Jahren die weiteren Module folgen und zu einem 88 Meter langen und 110 Meter breiten Rieseninsekt zusammengesteckt werden.Insgesamt sind rund 100 Starts für die fünfjährige Aufbauphase vorgesehen, der nächste bereits für den 3.Dezember.

Im Sommer kommenden Jahres soll auch die erste Mannschaft, zwei Russen und ein Amerikaner, zur Raumstation gebracht werden.Später sollen sechs Astronauten dort leben.Auf sie kämen neue Aufgaben zu, sagt Reinhold Ewald, der 1997 bereits zur russischen Raumstation "Mir" flog und nun zum europäischen Kader für die "Internationale Raumstation" gehört.Einst seien die Astronauten nur Flieger und Techniker gewesen, das Training für die Weltraumflüge habe nur am Boden stattgefunden.Heute verstehe sich der Astronaut als "verlängerter Arm der Wissenschaft".Und wegen der langen Aufenthaltszeit im All kämen bei der "Internationalen Raumstation" sicherlich eine Menge Wartungsarbeiten, aber auch viele Trainingseinheiten hinzu.

"Der kritische Faktor sind die vielen Flüge, die gemacht werden müssen", sagt Walther Peeters, Leiter der Koordinationsabteilung bei der Europäischen Weltraumbehörde Esa."Wenn da etwas schiefgeht, dann bekommen wir ernsthafte Verzögerungen."

Das Wissenschaftsmagazin "New Scientist" stellt in seiner jüngsten Ausgabe - ein wenig reißerisch - einen Vergleich zur "Titanic" an.Die Autoren weisen auf die Gefahr hin, daß sich etwa bei den fast 100 erforderlichen Starts und Weltraumausstiegen bis zur Fertigstellung der Raumstation oder durch im All herumfliegende Kleinkörper katastrophale Pannen ereignen könnten.Eine detaillierte Risikostudie für das Projekt habe die amerikanische Weltraumbehörde Nasa bis heute nicht vorgelegt.

Hartmut Ripken beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) verantwortlich für die Nutzungsvorbereitung der Raumstation hebt dagegen hervor, wie sicher das Shuttle oder die Proton-Rakete seien.Unter den fast hundert Shuttle-Starts etwa sei nur der 25.Flug danebengegangen.

Ripken betont die globale Zusammenarbeit auf der Station.Europäische Forscher hätten hier zum ersten Mal auch industrielle Forschungsmöglichkeiten im All.Der Start des europäischen "Columbus"-Moduls ist zwar erst für Ende November 2002 geplant.Doch bereits vorher können die Europäer an anderen Teilen der Station außen angebrachte, einen Quadratmeter große Plattformen für Experimente nutzen.Von 2001 bis 2004 stehen ihnen drei solche Plattformen frei und zwei für gemeinsame Experimente mit amerikanischen Forschern zur Verfügung.

Unter 100 bei der Esa eingegangenen Vorschlägen seien dazu bereits zwölf Experimente ausgewählt worden, sagt Volker Sobick von der Raumfahrtdirektion des DLR.Unter den von deutscher Seite finanzierten Experimenten ist auch "Focus", ein Sensor, der Brandherde auf der Erde ausmachen soll.Für eine ständige Feuerüberwachung sei die Raumstation zwar möglicherweise ungeeignet, sagt Sobick."Aber wir wollen auf der Raumstation auch Komponenten testen." Später könnte vielleicht einmal ein eigener Satellit für "Focus" gebaut werden."Und was im Endeffekt auf der Raumstation bleiben wird, das müssen erst die Experimente zeigen."

Die Computersimulation stammt aus dem Buch von Piers Bizony: "Die Internationale Raumstation", erschienen im BLV-Verlag (144 Seiten, DM 29,80).Foto: BLV

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false