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Panorama: Gute Erfahrungen mit Gratisheroin

Erfolg für dreijährigen Versuch staatlich kontrollierter Heroinabgabe in der SchweizVON IRMGARD LOCHER ZÜRICH.Vor drei Jahren wurde in der Schweiz ein Projekt gestartet, das weithin Aufsehen erregte.

Erfolg für dreijährigen Versuch staatlich kontrollierter Heroinabgabe in der SchweizVON IRMGARD LOCHER ZÜRICH.Vor drei Jahren wurde in der Schweiz ein Projekt gestartet, das weithin Aufsehen erregte.1146 schwersüchtige Drogenabhängige erhielten mit dem Segen der Bundesregierung Heroin auf Rezept und unter ständiger ärztlicher Kontrolle.Das geschah weltweit zum ersten Mal.Dieser Versuch, als Therapie-Unterstützung gedacht und von Forschungsgruppen begleitet, wurde jetzt beendet und ausgewertet. Zehn Prozent der Teilnehmer sind in diesen drei Jahren von den Drogen losgekommen.Ein mageres Ergebnis, wie es auf den ersten Blick scheint, doch die Verantwortlichen des Projekts sind anderer Meinung.Für sie war es ein großer Erfolg."Wir sind überrascht und zufrieden", sagt Thomas Zeltner, der Direktor des Bundesamtes für Gesundheit.Zeltner weist darauf hin, daß es sich bei den für die Heroin-Abgabe ausgewählten Drogenabhängigen in der Regel um "aussichtslose" Fälle handelte.Sie alle hatten schon mehrere erfolglose Entzugsversuche hinter sich.Die meisten Drogenabhängigen befanden sich in einem psychisch und physisch sehr labilen Zustand.Sie litten unter schweren Hautkrankheiten, Mangelernährung, Blutarmut sowie Magen- und Darmstörungen.Andere waren an Hepatitis und Aids erkrankt.So starben in den ersten sechs Monaten der Behandlung insgesamt 36 Patienten, die Hälfte davon an Aids. Die Teilnehmer an dem Versuch erlebten sich in einer fast aussichtslosen Situation und griffen nach der neuen Therapie wie Ertrinkende nach dem berühmten Strohhalm.Der Erfolg stellte sich überraschend schnell ein.Nach einem halben Jahr hatten alle Versuchsteilnehmer eine Wohnung, und die meisten fanden wieder Arbeit.Sie versuchten ihre Schulden abzutragen; nach nur anderthalb Jahren war schon ein Drittel von ihnen schuldenfrei.Alles in allem: Sie führen heute wieder ein menschenwürdiges Leben, haben ihr Selbstvertrauen zurückgewonnen und haben wieder ihren Platz in der Gesellschaft. Am meisten erleichtert waren sie darüber, daß sie sich nicht mehr Tag und Nacht um die Drogenbeschaffung kümmern mußten.So fiel denn auch die sogenannte Beschaffungskriminalität weg.Zuvor hatten sich die meisten ihre teure Sucht durch Raub, Diebstähle und Einbrüche finanziert; die Frauen hatten oft durch Straßenprostitution versucht, sich das nötige Geld für die Drogen zu beschaffen.Diese ständige Belastung fiel jetzt weg.Zu den wichtigsten Resultaten für die Verantwortlichen gehört ferner, daß das Dealen und Anfixen ganz wesentlich zurückging, daß also nicht andere neu in die Drogenabhängigkeit hineingezogen wurden. Sämtliche Verantwortlichen der dreijährigen Versuchsphase sind sich darüber einig, daß die kontrollierte Behandlung mit Heroin weitergeführt, nach Möglichkeit auch erweitert werden sollte.Zwar sieht das geltende Recht nur eine beschränkte Teilnehmerzahl bei solchen Versuchen vor, doch steht das Betäubungsmittelgesetz für viele ohnehin auf der Abschußliste.Eine Änderung dieses Gesetzes wäre allerdings nur über das Parlament und eine Volksabstimmung möglich.

IRMGARD LOCHER

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