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Haftstrafe: Zugmörder wegen Totschlags verurteilt

Im Prozess gegen einen Sauerländer, der eine Frau getötet hat, indem er sie vor einen fahrenden Zug stieß, ist das Aachener Landgericht zu einem milden Urteil gelangt. Der 33-jährige Diplom-Informatiker muss für zehneinhalb Jahre in Haft – die Angehörigen der Toten hatten eine lebenslange Haftstrafe gefordert.

Das Aachener Landgericht hat am Dienstag einen 34-jährigen Mann zu zehneinhalb Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt, weil er eine Freundin seiner Lebensgefährtin vor einen Zug gestoßen hatte. Der Diplom-Informatiker aus dem sauerländischen Meschede hatte in dem Verfahren gestanden, kurz nach Weihnachten 2007 die 38-Jährige im Aachener Westbahnhof vor einen einfahrenden Regionalzug geschubst zu haben. Die Frau war von dem Zug erfasst und auf der Stelle getötet worden.

Der Angeklagte hatte sich darüber geärgert, dass die Frau sich in seine Beziehung eingemischt hatte. Sie hatte seiner Lebensgefährtin geraten, sich von ihm zu trennen und die laut Gericht "unnormale und kranke" Beziehung zu beenden.

Intelligent aber unsicher

Die Richter sprachen in ihrer Urteilsbegründung von einer grausigen und brutalen Tat, blieben aber dennoch unter der Forderung von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Anders als von einer Gutachterin im Verfahren dargestellt, gingen die Richter nämlich von einer möglicherweise verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aus. Die Expertin hatte im Prozess erklärt, der Angeklagte sei zum Tatzeitpunkt trotz einer Persönlichkeitsstörung "voll schuldfähig" gewesen.

Das Verhalten des Angeklagten vor der Tat sowie seine Aussagen vor Gericht hatten die Richter allerdings zu einer anderen Beurteilung kommen lassen. Der Computerfachmann sei zwar überdurchschnittlich intelligent, er sei aber gleichzeitig von einer großen Selbstunsicherheit und Verlustängsten geplagt, sagte der Vorsitzende Richter.

Angeklagter zeigte Reue

So habe er die Beziehung zu seiner Freundin lange Zeit vor seinen Eltern verheimlicht. Deshalb habe er die 32-Jährige auch während der Weihnachtsfeiertage nicht mit zu den Eltern genommen. Aufgrund von "Versagensängsten" habe er nie mit seiner Freundin Geschlechtsverkehr gehabt. Vor der Tat habe er "bizarre Gedanken" in seinem Kopf gehabt, hieß es. Bilder aus der Vergangenheit und Zukunft hätten in ihm herumgespukt, anschließend habe er die 38-jährige Bekannte seiner Freundin unmittelbar vor den Zug gestoßen.

Anders als von der Staatsanwaltschaft beantragt, gingen die Richter nicht von einem Mord aus. Mordmerkmale wie Heimtücke oder niedere Beweggründe habe man nicht eindeutig feststellen können. Auch die Staatsanwaltschaft war von einer möglicherweise verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen, hatte aber 13 Jahre Haft beantragt. Die Angehörigen des Opfers und ihre Anwältin waren noch darüber hinausgegangen und hatten eine lebenslange Gefängnisstrafe gefordert.

Hinsichtlich der Strafhöhe sagte der Richter, zugunsten des Angeklagten sprächen unter anderem sein Geständnis und dass er das Geschehen bereue. Auf der anderen Seite habe er eine Familie zerstört. Auch der Lokführer des Zuges habe die Tat bis heute nicht verarbeitet. Er mache sich unberechtigte Vorwürfe und sei arbeitsunfähig. (iba/ddp)

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