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Haiti: Tausende Tote nach Erdbeben befürchtet

Katastrophe in der Karibik: Ein schweres Erdbeben hat den bitterarmen Staat Haiti erschüttert. Die Schäden sind gewaltig. Selbst Teile des massiv gebauten Präsidentenpalastes in der Hauptstadt Port-au-Prince brachen zusammen. Die Zahl der Todesopfer ist noch nicht abzusehen.

Schreiend und betend laufen die Menschen durch die Straßen, überall liegen Tote und Verletzte: Ein schweres Erdbeben hat am Dienstagnachmittag (Ortszeit) den Inselstaat Haiti verwüstet. Betroffen ist vor allem die Hauptstadt Port-au-Prince, in der rund 1,2 Millionen Menschen leben. Die Schäden seien gewaltig, berichtete die Nachrichtenagentur Haiti Press Network. "Ich kann mir vorstellen, dass die Zahl der Opfer in die Tausende gehen wird", sagte der Koordinator der Deutschen Welthungerhilfe in Port-au-Prince, Michael Kühn. Haiti gilt als das ärmste Land der westlichen Hemisphäre.

Kurz vor 17 Uhr Ortszeit begann die Erde zu beben. Nach Aufzeichnungen der US-Erdbebenwarte hatte es die Stärke 7,0. Häuser stürzten ein, Mauern fielen um. Selbst Teile des massiv gebauten Präsidentenpalastes brachen zusammen. Betroffen waren auch Hotels, Krankenhäuser und Einkaufszentren. Wenn in ärmlichen Gegenden die Betondecken einstürzten, gebe es kaum Rettung, sagte Kühn. Durch die einbrechende Dunkelheit eine Stunde nach dem ersten Beben, den Ausfall des Telefonnetzes und zahlreiche Nachbeben sei es zusätzlich schwer, einen Überblick zu bekommen.

Nach Erkenntnissen der deutschen Diakonie Katastrophenhilfe sind die Slums an den Berghängen von Port-au-Prince besonders stark betroffen. Die Hänge seien zum Teil abgerutscht. Über der Stadt liege eine Staubwolke. Nach Informationen des französischen Ministers für Entwicklungshilfe, Alain Joyandet, ist unter anderem das bei westlichen Touristen beliebte Hotel Montana eingestürzt. Etwa 100 der 300 Gäste hätten das Gebäude rechtzeitig verlassen können, sagte Joyandet dem Sender Europe 1.

Das Erdbeben hat auch den Vereinten Nationen schweren Schaden zugefügt. Das Hauptquartier der Minustah-Friedenstruppe in Port-au-Prince sei erheblich beschädigt, habe das Erdbeben aber überstanden, hieß es bei den UN in New York. Allerdings war zunächst nicht bekannt, ob es auch Opfer unter den UN-Mitarbeitern gab. Die UN- Mission hat derzeit etwa 7000 Soldaten und 2000 Polizisten im Einsatz. Die Soldaten kommen aus südamerikanischen Ländern, aber auch aus Frankreich und den USA. Deutschland hat keine Soldaten in Haiti.

Auf Hilfe der eigenen Behörden können die Menschen in Haiti einer Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zufolge nicht hoffen. "Es gibt keine medizinische Versorgung für die Bevölkerung und die wird es jetzt natürlich auch nicht geben", sagte Svenja Koch. Rasch liefen dagegen die Hilfsmaßnahmen aus dem Ausland an. Die Bundesregierung stellt Haiti nach dem schweren Erdbeben eine Million Euro Soforthilfe für die Notversorgung der Opfer zur Verfügung. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) ließ einen Krisenstab einrichten. Der haitianische Botschafter in Berlin, Jean Robert Saget, hatte die Deutschen zu schneller Hilfe aufgerufen. Vor allem medizinische Hilfe, Zelte und Lebensmittel würden gebraucht. "Jede Hilfe ist willkommen im Moment."

Auch US-Präsident Barack Obama bot Haiti Hilfe an. Als Sonderbotschafter hat außerdem der frühere US-Präsident Bill Clinton seine Unterstützung zugesagt. Unter seiner Regierung waren die USA 1994 in Haiti einmarschiert, um die Militärregierung zu stürzen und die Demokratie wiederherzustellen. Frankreich wollte noch am Mittwoch zwei Flugzeuge mit Hilfsgütern und je etwa 60 Rettungskräften nach Haiti entsenden. Etwa 1400 Franzosen leben derzeit auf Haiti, davon 1200 in der Hauptstadt. Großbritannien schickte noch in der Nacht ein Hilfsteam in das Land.

Eine Welle der Solidarität löste das Erdbeben auch im Internet aus. In sozialen Netzwerken wie Facebook bildeten sich mehrere Gruppen, in denen Menschen ihren Gefühlen Ausdruck geben, zu Spenden aufrufen und Info-Telefonnummern austauschen. Hunderte von Spendenaufrufen liefen über Twitter.

In dem rund neun Millionen Einwohner zählenden Land sind seit 2004 UN-Friedenstruppen in Einsatz. Die Einheit setzt sich aus rund 7000 Soldaten aus 18 Ländern zusammen. Haiti liegt im kleineren westlichen Teil der zu den Großen Antillen gehörenden Karibik-Insel Hispaniola. Im Osten liegt die Dominikanische Republik. (smz/dpa) 

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