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Schülerinnen vor dem Joseph-König-Gymnasium am Morgen nach dem Unglück.

© AFP

Update

Haltern am Tag danach: "Gestern waren wir viele, heute sind wir alle allein"

Ob Punk, Seelsorger oder Bürgermeister: Haltern ist in Trauer. Am Tag nach dem Absturz des Germanwings-Fluges mit 16 Schülern und zwei Lehrerinnen aus der Kleinstadt sammeln sich die Menschen wieder am Joseph-König-Gymnasium. Ministerin Löhrmann überbringt ihr "tiefes Mitgefühl".

Am Tag nach der Flugzeugkatastrophe in Frankreich herrscht in Haltern Schockstarre. Vor dem Joseph-König Gymnasium, steht Übertragungswagen an Übertragungswagen. Der Schulhof ist von Kamerateams bevölkert. Die letzten zehn Meter bis zum Schulgebäude sind Schülern und Halterner Bürgern vorbehalten.

Schild zum Gedenken an die getöteten Schüler und Lehrer aus Haltern
Schild zum Gedenken an die getöteten Schüler und Lehrer aus Haltern

© AFP/Sascha Schuermann

Auf einem großen Schild steht geschrieben: „Gestern waren wir viele, heute sind wir allein.“ 16 weiße Kreuze sind auf das Schild gemalt. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler aus Haltern, die beim Absturz der Germanwings Maschine umkamen.

Leere Innenstadt

Die trauernden Schüler werden von Seelsorgern und Lehrkräften betreut. Über einen Hintereingang verlassen gut 50 von ihnen die Schule um in der katholischen Sixtus Kirche zu beten. Die Sixtus Kirche bildet das Zentrum der mittelalterlichen Innenstadt von Haltern. Am Morgen nach der Katastrophe wirkt die Innenstadt wie leer gefegt. 

Nur ein einzelner Punk sitzt mit einer Flasche Bier auf dem Boden der Einkaufsstraße. Er sagt: „Natürlich ist das schlimm wenn Menschen sterben. Das Flugzeug ist aber noch immer das sicherste Verkehrsmittel der Welt.“ Die Aufregung um die Toten aus Haltern kann er nachvollziehen. Als Punk ist er kein Fan des Halterner Bürgermeisters, die Bilder von Bodo Klimpel mit Tränen in den Augen haben ihn aber auch mitgenommen.

An der evangelischen Erlöserkirche, die ein kleine Stück außerhalb der liegt, sind nur einige Gemeindeangestellte anwesend. Zum Flugzeugunglück wollen Sie sich nicht äußern. Pfarrer Hentschel sei schon in der Schule. Bei Pfarrerin Vogtmann, die direkt neben der Kirche lebt, ist nur ein kleiner grauer Terrier zu Hause.

Wieder in der Innenstadt, ist die Sixtus Kirche mittlerweile leer, einer der Pfarrer ist mit seinem Fahrrad auf dem Weg in die Schule. Dort findet um 9 Uhr eine Trauerveranstaltung statt, bei der er anwesend sein muss. „Die Stadt ist in großer Trauer.“ sagt er, für ein längeres Gespräche habe er nicht die Zeit.

Haltern ist mit seinen 37.000 Einwohnern eine kleine Stadt. Das ist auch in der Stadtverwaltung zu spüren. Der Hausmeister des Rathauses fährt Bürgermeister Bodo Klimpel auch bei offiziellen Terminen. „Der Bürgermeister ist ein sehr umgänglicher Mann.“ sagt er, und ergänzt: „Das alles nimmt ihn sehr mit.“ Mehr möchte er nicht sagen und verweist auf die für 11 Uhr angesetzte Pressekonferenz.

Zur Pressekonferenz erscheineninternationale Medien

Der Ratssaal im dritten Stock des Halterner Rathauses war schon bei der kurzfristig angesetzten Pressekonferenz des Bürgermeisters Bodo Klimpel am gestrigen Nachmittag gut gefüllt. Das war allerdings nichts im Vergleich zum Medienaufkommen heute um 11 Uhr. Zur Pressekonferenz der NRW Schulministerin Sylvia Löhrmann und des Bürgermeisters waren zig Kamerateams erschienen. Sender aus Italien, Spanien, den Niederlanden und alles was im Inland von Rang und Namen ist sind in der kleinen Stadt im nördlichen Ruhrgebiet anwesend.

In einer Erklärung des Halterner Rates und der örtlichen Verwaltung heißt es: "Wir stehen fassungslos vor einer Tragödie." und weiter: "Den Angehörigen versprechen wir heute jede Unterstützung, die wir als Rat und Verwaltung der Stadt Haltern am See leisten können."

Als erstes sprach Schulministerin Löhrmann. Deutlich kämpfte sie mit den Worten und begann ihr Statement mit gebrochener Stimme. Löhrmann sprach von einer "schrecklichen Tragödie". Auch überbrachte Sie der Stadt Haltern und der Schule ihr "tiefes Mitgefühl". Dies überbrachte sie auch ausdrücklich im Namen von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Löhrmann, die selbst Lehrerin war, befand sich seit dem frühen Morgen im Joseph-König Gymnasium. Hier sprach Sie mit dem Lehrerkollegium und auch mit einzelnen Schülern. Für den morgigen Donnerstag ist in Nordrhein-Westfalen um 10:53 Uhr eine Schweigeminute geplant, zu diesem Zeitpunkt sendete das Germanwings-Flugzeug sein letztes Funksignal. Ministerin Löhrmann wünscht sich, dass in allen Schulen Raum für Austausch und Trauer geschaffen wird. Die Medien rief Löhrmann dazu auf, den Schülern und Angehörigen ihren Schutzraum zu lassen.

Die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen) vorm Joseph-König-Gymnasium in Haltern.
Die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen) vorm Joseph-König-Gymnasium in Haltern.

© dpa

Nach der Ministerin sprach Ulrich Wessel, Schulleiter des Joseph-König Gymnasiums. Auch Wessel war deutlich gezeichnet: "Sie sehen mich Fassungs- und auch ein wenig Wortlos." In seinem Statement sagte er, dass an der Schule nichts mehr so sein würde, wie es vorher war. Der Schulleiter sagte zum Ende seines Statements: "Im Kopf ist die Tragödie angekommen, aber das wird noch dauern, bis ich das verstehe."

Neben den verunglückten Schülern sind auch zwei Lehrkräfte aus Haltern betroffen. Eine der verunglückten Lehrerinnen war erst seit einem halben Jahr verheiratet. Ihr Mann hat sich am Morgen in der Schule eingefunden und wird dort betreut.

Der Halterner Bürgermeister Bodo Klimpel hielt seine Äußerungen bei der Pressekonferenz sehr kurz. Er bedankte sich bei Ministerin Löhrmann für die schnelle Reaktion und die große Anteilnahme. Ein großes Lob sprach er auch den Geistlichen aus, die am gestrigen Abend eine erste Trauerandacht abhielten. Vom Umgang mit der Flugzeugkatastrophe innerhalb der Schule zeigte sich Klimpel "beeindruckt". Die Lehrkräfte hätten trotz des Todes ihrer Kolleginnen gute Trauerarbeit geleistet.

Sebastian Weiermann

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