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Hamburg: Polizei lässt verdächtige Tschetschenen frei

Die drei wegen Terrorverdachts festgenommenen Tschetschenen sind in der Nacht zum Samstag freigelassen worden. War alles nur ein schlechter Scherz?

Hamburg (27.08.2005, 16:27 Uhr) - «Der Straftatbestand gegen die Männer hat sich in den Verhören nicht bestätigt», teilte ein Polizeisprecher mit. Es lägen keine Hinweise auf geplante terroristische Anschläge vor. Nach einer spektakulären Großfahndung mit mehr als 1000 Beamten hatte die Polizei die Männer im Alter von 21 und 25 Jahren am Freitag stundenlang vernommen. Ein Mann war in seiner Wohnung festgenommen worden, die beiden anderen hatten sich freiwillig gestellt.

Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos) hält es für möglich, dass ein schlechter Scherz Auslöser für den Großeinsatz gewesen sein könnte. Möglicherweise habe es sich bei den von einem Zeugen mitgehörten Äußerungen der drei Tschetschenen um «Blödsinn» gehandelt, sagte Nagel am Freitagabend im NDR-Fernsehen. «Es ist nicht auszuschließen, dass es sich um einen schlechten Scherz gehandelt hat.»

Am Mittwochabend hatte ein Ägypter gehört, wie die drei Männer in arabischer Sprache unter anderem über Heldentum «vor Allah» sprachen. Bei den «Sprachfetzen», die der Mann verstanden habe, fiel nach Polizeiangaben auch der Satz: «Wir werden morgen als Held vor Allah stehen.» Einer der Männer habe einen Rucksack mit sich getragen. Warum sich die Tschetschenen auf Hocharabisch unterhielten, blieb unklar. Nach Polizeiangaben sind die drei Männer Muslime und beherrschen die Sprache möglicherweise aus religiösen Gründen.

Eine Polizeisprecherin sagte am Samstag, die Männer hätten in den Vernehmungen erklärt, sich nicht in der vom Hinweisgeber genannten Art und Weise unterhalten zu haben. Die Tschetschenen hätten ausgesagt, der Zeuge könnte die Unterhaltung missverstanden haben.

Die Hamburger Polizei hatte nach dem Hinweis zunächst verdeckt und dann mit einem Großaufgebot nach den drei Männern gesucht. Dazu wurden Bilder einer Überwachungskamera aus einem Bus veröffentlicht. Am Freitag durchsuchte die Polizei mehrere Wohnungen.

In der Diskussion, ob die Reaktion der Hamburger Polizei angemessen war, sagte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) am Freitag in Hamburg: «Ich bin dafür, dass man jedem Verdacht nachgeht.» Man müsse wegen der Bedrohung wachsam sein, solle aber nicht in Panik verfallen. Nagel selbst argumentierte, noch vor zwei Jahren hätte es eine so umfangreiche Fahndung nicht gegeben. Nach den Anschlägen in London sei die Situation jedoch anders.

Der Nahost-Experte Peter Scholl-Latour kritisierte den Einsatz. «Die Fahndung ist grotesk. Das schlimmste im Kampf gegen den Terror ist, wenn Behörden hysterisch reagieren», sagte er der «Bild»-Zeitung (Samstag). Die Formulierungen der Tschetschenen seien nicht eindeutig gewesen. Sie hätten über alles Mögliche reden können, etwa über Krankheit. (tso/dpa)

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