zum Hauptinhalt
Mit der einzigen "Waffe", die sie hat, ihrer Handtasche, attackiert eine Frau bei einer Demonstration von Neo-Nazis am 13.4.1985 in der schwedischen Stadt Växjö einen der glatzköpfgen Teilnehmer. Sie war die Anführerin einer Gruppe von Einwohnern der Stadt, die beherzt gegen die jungen Neo-Nazis vorging und denen es schließlich gelang, die rechten Demonstranten zu vertreiben. Die Frau mit der Tasche hatte bereits als Kind in Polen Erfahrung mit der Verfolgung durch Nazis gemacht; ihre Mutter war während des Krieges in einem Konzentrationslager.

© dpa

Handtasche gegen Nazis: Ein Denkmal für Zivilcourage

Welches Gefahrenpotenzial birgt die Handtasche einer bejahrten Dame? Eine geplante Statue sorgt in Schweden für große Aufregung.

Eine empörte Dame schlägt mit der Handtasche nach einem Neonazi: Das Foto, aufgenommen 1985 bei einer Demonstration in Växjö, gilt in Schweden als Symbol für Zivilcourage. Zu Ehren der beherzten Frau mittleren Alters sollte auf dem Marktplatz der südschwedischen Stadt in diesem Frühjahr eine Bronzestatue errichtet werden. Doch daraus wird nun wohl nichts: Das Motiv sei allzu bedrohlich, befand das Stadtparlament.

Andersdenkenden gehöre „mit Worten statt mit Gewalt“ begegnet, gibt die Vorsitzende des Kulturausschusses, Eva Johansson, im Schwedischen Rundfunk zu bedenken. Das Werk der Künstlerin Susanna Arwin – eine die Handtasche schwingende Frau, ohne zugehörigen Neonazi – könne ohne Kenntnis des historischen Hintergrunds „völlig falsch interpretiert“ werden.

Angesichts islamistischer Anschläge in jüngster Zeit habe sie zwar Verständnis für die Ängste der Politiker, räumt die Künstlerin ein: „Es hat so viel Gewalt gegeben, bei ,Charlie Hebdo’ und in Kopenhagen.“ Mit dem Verzicht auf mögliche Provokationen vertue das kleine Växjö dennoch eine große Chance, meint Susanna Arwin. Das Denkmal für jene Frau, deren Zorn auf eine gewalttätige Ideologie sich aus der eigenen familiären Vergangenheit mit Angehörigen im Konzentrationslager Auschwitz speiste, habe das Potenzial zu internationaler Berühmtheit – ähnlich dem von Carl Fredrik Reuterswärd geschaffenen verknoteten Revolver, der weltweit als Anti-Gewalt-Symbol gilt.

Es gibt auch Probleme mit dem Copyright

Neben den Bedenken droht jetzt aber noch Ärger von anderer Seite. Kurz vor der für Mittwoch anberaumten endgültigen Entscheidung des Stadtparlaments hat jetzt auch der Fotograf Hans Runesson Einspruch eingelegt: Er habe einer Nachbildung seines berühmten Bildes nur als „Gesamtkunstwerk“, mit Neonazi und Fahne, zugestimmt, wird Runesson am Freitag in Dagens Nyheter zitiert. Stimmt nicht, entgegnet Susanna Arwin. Er habe ihrem Plastik-Entwurf sehr wohl grünes Licht gegeben.

Inmitten der Debatte fliegen der bronzenen Dame Sympathien aus Växjö und ganz Schweden zu. Tausende haben bereits im Internet den Aufruf zu ihren Gunsten unterschrieben; mehrere Städte und Privatpersonen bekunden Interesse, sie bei sich aufzunehmen. Auch bereits ganz ordentlich aufgestellte Statuen von Damen – und Herren – hat man bei den Sympathieaktionen nicht vergessen. Immer mehr von ihnen können sich über ein neues, modisches Accessoire freuen: eine Handtasche.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false