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Panorama: Hautpflege: Hält Kosmetik jung?

Früh wird die Haut zum Pflegefall. Während Herz, Leber oder Nieren lange Zeit im Verborgenen altern, verknittert sie vor unseren Augen.

Früh wird die Haut zum Pflegefall. Während Herz, Leber oder Nieren lange Zeit im Verborgenen altern, verknittert sie vor unseren Augen. Sie tut das um so schneller, je mehr wir ihr zusetzen: durch Sonne, Alkohol, Nikotin, trockene Heizungsluft, zu wenig Schlaf, mangelnde Bewegung oder schlechte Ernährung. Um die Folgen auszubügeln, greifen viele zur Kosmetik. Was aber bringt der viel versprechende Cremetopf?

Seit Juli 1998 liegen die Verhältnisse offen, theoretisch wenigstens. Seit dem müssen Kosmetikanbieter ihre Inhaltsstoffe deklarieren und die Wirksamkeit eines Produktes durch Studien belegen. Danach findet eine Hautglättung durch Kosmetikprodukte nur in der obersten Hautschicht statt. Mit bloßen Auge ist sie meist nicht zu erkennen: Während die Falten 0,3 Millimeter tiefe Gräben ziehen können, gleichen Cremes grademal ein Dreißigstel aus, etwa 0,01 Millimeter. Eine Verjüngung oder Regeneration der Haut lässt sich nicht nachweisen.

Wie die Sonne alt macht

Dennoch ist die pflegende Kosmetik nicht völlig vergebens. Richtig angewendet, lindert sie etwa die vorzeitige Alterung durch Sonneneinstrahlung. UV-Filter oder so genannte Mikropigmente in Tagespflegen oder Sonnenschutzlotionen bieten Schutz vor UVA und UVB-Strahlen. Denn sie sind es, die die Haut schnell alt aussehen lassen. So verändert UVB-Strahlung durch Bildung aggressiver Substanzen, den Radikalen, die Bausteine der Zellhüllen. Vorzeitige Hautalterung und in schlimmeren Fällen das Auftreten von Krebsvorstufen und schließlich Hautkrebs sind die Folgen.

Die früher eher als harmlos eingestufte UVA-Strahlung trägt zur Pergamenthaut bei. Sie dringt in tiefere Hautschichten, zerstört dort die elastischen Fasern der Haut. Daneben verändert sie die Qualität der Stützfasern des Bindegewebes: Die Kollagene verlieren ihre Fähigkeit, Wasser zu binden. Elastizität und Spannkraft der Haut lassen nach.

Mit rund vier Kilogramm Gewicht und bis zu zwei Quadratmetern Fläche ist die Außenhaut unser größtes Organ. Sie besteht aus drei Schichten: der Unterhaut, der Lederhaut und der Oberhaut (auch: Epidermis). Mit ihrer backsteinartigen Hornschicht ist sie die erste und wichtigste Barriere gegen die feindliche Außenwelt. An den verschiedenen Körperpartien kann sie unterschiedlich dick sein: an den Fußsohlen stattliche vier Millimeter, um die empfindlichen Augen herum nur 0,3 Millimeter. Die Hautoberfläche schützt und glättet ein Emulsionsfilm aus Talg, Schweiß, Fetten und Eiweißen, der so genannte Hydrolipidfilm oder Säureschutzmantel. Um in die tiefer liegenden, faltenrelevanten Schichten der darunterliegenden Leder- oder Unterhaut vorzudringen, müssen medizinische oder kosmetische Wirkstoffe diese Hürde erstmal überwinden.

Wichtiger als Kosmetik ist daher Pflege von innen. Wer möglichst lange eine schöne Haut behalten will, muss sich gut ernähren. Obst, Gemüse und Nüsse liefern die wichtigen Vitamine und Spurenelemente. Die Ernährung der Oberhaut erfolgt ausschließlich über die Blutgefäße der darunter liegenden Lederhaut. Sie besteht überwiegend aus festem Bindegewebe. Neben den Blutgefäßen durchziehen Nerven und Lymphgefäße das Gewebe. Hier sitzen auch die Talg- und Schweißdrüsen sowie die Haarwurzeln. Mit den Jahren dünnt das Bindegewebe der Lederhaut aus und verliert die Fähigkeit, Wasser zu binden. Die elastischen Fasern erlahmen. Auch die Oberhaut wird jetzt nur noch ungenügend versorgt. Die Nährstoffadern verkommen zu Rinnsalen. Die ehemals pralle Haut macht schlapp.

Vom Altern kaum berührt wird dagegen die Unterhaut aus lockerem Bindegewebe. Die Unterhaut dient zur Abfederung von Stößen, als Energiespeicher und hält den Körper warm. Ihre Fettpolster können nicht mehr ganz junge Gesichter straffen: Dicke Menschen besitzen eine faltenfreiere Haut.

Eine angejahrte Hautoberfläche glättet aber nicht nur Innenfett, auch ein wenig Außenfett und Wasser steht ihr gut zu Gesicht. Denn sie ist rau und viel zu trocken. Schließlich befinden sich viele ihrer Talg- und Schweißdrüsen bereits im Vorruhestand. Hier tritt die Pflegekosmetik wieder auf den Plan. Soll Wasser in die Hornschicht eingebunden werden, ohne dass es gleich wieder verdunstet, dann braucht eine Creme neben Wasser so genannte Feuchthaltefaktoren. Diese Substanzen umgeben sich mit einem dicken Wassermantel. Neben Harnstoff und Glycerin hält die aus Hahnenkämmen oder biotechnologisch gewonnene Hyaluronsäure die Hornschicht bis zu sechs Stunden feucht. Die häufig beschworene Tiefenwirkung und Zellneubildung - Hyaluronsäure speichert Wasser im Bindegewebe - , kann sie aber ebenso wenig leisten, wie die ebenfalls vielen Cremes zugesetzten Kollagene und Elastine. Auch wenn die Lederhaut ihre Unterstützung dringend nötig hat. Sie sind schlicht zu groß, um die Hornschicht zu überwinden.

Im Gegensatz zur Standardkosmetik entwickeln die Kosmetiklabore zunehmend Produkte, die den eigentlich kosmetischen Bereich, die Behandlung der oberen Hautschicht, verlassen und in eine Tiefe vordringen, die eigentlich pharmzeutischen Produkten vorbehalten ist. Zu den so genannten "Cosmeceuticals" gehören Zubereitungen, die Liposomen oder Niosomen beinhalten. Diese kugelförmigen Vehikel sind ursprünglich für das Einbringen medizinischer Wirkstoffe erfunden worden. Die Kosmetik verwendet sie, damit Vitamin E oder Hyaluronsäuren leichter unter die Haut gehen. Dabei dringen die intakten Vehikel nur bis in die Hornschicht vor. Doch erleichtert ihre hornhautquellende Wirkung das Eindringen ihrer transportierten Wirkstoffe.

Auch ohne hilfreiche Vehikel können kleine fettlösliche Stoffe wie Vitamin E oder A in tiefere Hautschichten gelangen, sofern man sie in größeren Mengen einsetzt. Vitamin E verringert den Abbau von Kollagen und mildert als Radikalfänger die schädlichen Effekte der UVB-Strahlung. In niedriger Dosierung dient es aber vielen Hautpflegen nur dem einen Zweck, dass Fette oder Vitamin A nicht verderben.

Vitamin A entfaltet seine hauterneuernde Wirkung erst nach Umwandlung in seine Säure. Als Vitamin-A-Säure mutiert es zum Faltenkiller, besonders bei sonnengealterter Haut. Feine Runzeln, Alterswärzchen, und Flecke verschwinden tatsächlich bei der äußeren Anwendung. Der Verjüngungseffekt benötigt allerdings hohe Konzentrationen, die häufig von schweren Hautirritationen begleitet werden. Aus diesem Grunde darf nur der Arzt die Schälkur durchführen. In kosmetischen Zubereitungen ist Vitamin-A-Säure nur in Spuren erlaubt. Alternativ wird Fruchtsäure eingesetzt.

Jenseits aller Vitamin- oder anderer Wundermitteleuphorie steht für Hautkundler fest: Es ist vor allem die Grundlage, die Emulsion aus Wasser und Öl die für die hautpflegenden Eigenschaften einer Creme verantwortlich ist. Sie steht und fällt mit der Qualität der Öle, der Wachse und der verbindenden Emulgatoren. Egal ob es sich um eine leichte Öl-in-Wasser-Emulsion einer Tagespflege oder um eine fette Wasser-in-Öl Emulsion einer Nacht- oder wasserfesten Sonnenschutzcreme handelt.

Erdöl oder Rizinus

Mineralöle wie Paraffinöle lassen sich gut verarbeiten, sind geruchslos, billig und benötigen für ihre Haltbarkeit keine Antioxidantien. Ihr Nachteil ist, dass eine Gesichtspflege mit hohem Paraffinölgehalt einen schwer durchlässigen Film auf der Haut bildet. Für eine Schutzcreme ist so eine Eigenschaft erwünscht, nicht aber für eine pflegende Hautcreme. Die Verwendung bestimmter Emulgatoren macht den Film für die Hautatmung zwar wieder durchlässig. Dennoch werten Anhänger von Naturkosmetik wie Rita Stiens, Autorin von "Kursbuch Kosmetik" oder die Prüfer von "Ökotest" generell die "unnatürlichen aus Rückständen der Erdöldestillation gewonnen Paraffinöle oder Wachse" ab. In der Naturkosmetik finden sie ebenso keine Verwendung wie die maßgeschneiderten, für die Haut sehr angenehmen, aber nicht abbaubaren, Silikone. Stattdessen verwenden Hersteller dieser Branche lieber Pflanzenöle wie Rizinusöl, Avocado-, Mandel- oder Olivenöl. Dahinter steht die Überzeugung, dass Naturstoffe hautverwandter und hautfreundlicher seien.

Nichts einzuwenden haben die Prüfer von Stiftung Warentest gegen die dermatologisch unbedenklichen Mineralöle. Die klassische Paraffinölcreme Nivea steht bei ihnen seit Jahren hoch im Kurs. Beim letzten "Kosmetik - test - spezial" hielt ihre Pflegewirkung den Vergleich mit verschiedenen Nachtcremes stand und in ihrem vorletzten Antifaltencremetest schnitt die mitgetestete Allzweckcreme aus der blauen Dose nicht schlechter ab als glamouröse Edelmarken. Obwohl sie ganz ohne Schnickschnack, ohne Vitamine, Hyaluronsäure, Bio-Protein-Hefe-Komplexe und Liposomen auskommt: Simples Fett schlägt Hightech.

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