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Panorama: Herzensangelegenheit

Deutschland hat die Probleme mit Heparin im Griff

Nach dem Skandal um das Blutverdünnungsmittel Heparin gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass es in Deutschland zu Todesfällen wie in den USA kommt. Wie berichtet, waren verunreinigte Beimengungen aus China die Ursache für etwa 800 schwere allergische Schocks, die in den USA bisher 19 Todesopfer forderten.

Die Probleme durch Verunreinigungen aus China betreffen nur sogenanntes unfraktioniertes Heparin, das injiziert wird. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) untersucht derzeit, welche deutschen Unternehmen Ausgangsmaterial aus China bezogen haben, um damit unfraktioniertes Heparin herzustellen. Insgesamt liegen dem BfArM bisher 27 Berichte aus Deutschland über allergische Reaktionen mit unfraktioniertem Heparin vor. Anfangs war noch von 80 derartigen Zwischenfällen die Rede gewesen. Die meisten führt das BfArM nun auf eine „Blutgerinnung im Schlauchsystem des Dialysegeräts“ zurück. Derlei sehe das Arzneimittelgesetz nicht als Nebenwirkung am Menschen an. Es handele sich vermutlich dennoch um einen Qualitätsmangel.

Das Berliner Institut hat am 11. März angeordnet, dass alle Chargen an unfraktioniertem Heparin mit einer von zwei geeigneten Analysemethoden untersucht werden müssen. Zum einen handelt es sich um die Kapillar-Elektrophorese. Diese Methode zeigt die Zusammensetzung einer Mischung aufgrund der Geschwindigkeit, mit der die einzelnen Substanzen im elektrischen Feld wandern. Das zweite Verfahren, die Kernresonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie), erkennt die verschiedenen Bestandteile an der Art des Kernspins.

Nach BfArM-Weisung dürfen nur noch Injektionslösungen mit unfraktioniertem Heparin in Verkehr gebracht werden, die laut Analyse keine gefährlichen Beimischungen aus China enthalten. Wie das Arzneimittelinstitut mitteilt, sind in Deutschland seit der Rückrufaktion vom 7. März keine Chargen mehr gefunden worden, die problematisches unfraktioniertes Heparin enthalten. Somit gilt der bereits zu Beginn der Affäre gegebene Rat weiter, dass Patienten, die Heparin zur Injektion anwenden, die Behandlung nicht ohne Absprache mit ihrem Arzt beenden sollten. Bei äußerlicher Anwendung von Lösungen, Gelen, Salben und Cremes, die Heparin enthalten, sind ohnehin keine Zwischenfälle beobachtet worden.

Mit Heparin soll beispielsweise verhindert werden, dass sich Blutgerinnsel (Thrombosen) bilden. Die „New York Times“ berichtete unter Berufung auf Experten, dass es sich bei den Verunreinigungen wahrscheinlich um eine Substanz aus Tierknorpel handelt, die in China chemisch verändert wurde. Das so entstandene „übersulfatierte Chondroitin-Sulfat“ könnte demnach ursächlich sein für die Todesfälle in den USA.

Heparin wird nach Operationen eingesetzt, aber auch vor Langstreckenflügen gespritzt, um die Gefahr von Blutpfropfen zu verringern. Vor kurzem musste ein von der Firma Rotexmedica hergestelltes Heparin in Deutschland vom Markt genommen werden. Es seien schwere allergische Schockreaktionen aufgetreten, hieß die Begründung des BfArM. Auch die FDA, die in den USA für Arzneimittelsicherheit zuständig ist, hatte heparinhaltige Injektionslösungen zurückgerufen, die von der Firma Baxter hergestellt worden waren.

Heparin wird gewöhnlich aus der Schleimhaut des Schweinedünndarms und aus Rinderlungen hergestellt. Die Moleküle, aus denen der Blutverdünner besteht, enthalten eine variable Anzahl von Bausteinen, die Aminozucker. Je nach Molekülgröße unterscheidet man unfraktioniertes und fraktioniertes Heparin. Unfraktioniertes Heparin wirkt schnell und wird oft in Krankenhäusern als Infusion in eine Vene, zum Beispiel am Arm verabreicht. Es dient der Vorbeugung und Therapie bei Thrombosen und Embolien. Fraktioniertes Heparin wirkt länger und wird unter die Haut gespritzt. Das kann auch zu Hause geschehen, etwa um die Gefahr von Thrombosen vor längeren Reisen zu vermindern.

Paul Janositz

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