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Panorama: Hin und her in China

Die Pekinger Führung hält sich bedeckt, was die Zukunft des Transrapids betrifft. Entweder das Projekt stirbt, oder der Preis sinkt

Chinas Regierung, die derzeit mit dem Transrapid-Konsortium über einen Ausbau der Magnetschwebestrecke von Schanghai nach Hangzhou verhandelt, gibt sich nach dem Unglück in Deutschland bedeckt. Zwar gab es am Montag ein formelles Bekenntnis zum Transrapid, doch substanziell wollten sich weder die Behörden in Schanghai, wo der weltweit einzige kommerzielle Transrapid die Stadt mit dem Flughafen verbindet, noch das Eisenbahnministerium über die Zukunft des Schwebezuges äußern.

Die chinesischen Staatsmedien berichten nur nachrichtlich über die Katastrophe in Deutschland und enthielten sich einer Kommentierung. Manche Zeitungen betonten jedoch, dass ein Unfall wie in Deutschland in Schanghai nicht möglich sei. Beim dem knapp 30 Kilometer langen Transrapid in Schanghai sei ein GPS-gesteuertes Überwachungssystem installiert, das alle Fahrzeuge kontrolliert und damit Kollisionen verhindere. Andere Medien zitierten Experten, die ebenfalls die Sicherheit der Magnetschwebebahn unterstrichen. „Der Grund für diesen Unfall ist nicht etwa ein technischer Defekt sondern menschliches Versagen“, sagte Sun Zhang, Professor am Forschungsinstitut für Eisenbahn und Verkehr an der Tongji-Universität in Schanghai. Trotzdem dürfte der Unfall den chinesischen Verkehrspolitikern einige Kopfschmerzen bereiten. Der Schanghai-Transrapid, einst das Lieblingsprojekt des früheren Premiers Zhu Rongji, ist ohnehin umstritten. Vor allem im Eisenbahnministerium hält man die Technik für zu teuer und für zu unerprobt. Im August war es beim Transrapid in Schanghai bereits zu einem Batteriebrand gekommen. Die Passagiere mussten mit Notleitern aus dem Zug steigen.

Statt Magnetzügen will man im Ministerium lieber konventionelle Schnellzugverbindungen wie den ICE oder den japanischen Shinkansen vorantreiben. Der Transrapid in Schanghai, der wegen einer Fehlplanung vom Flughafen nur bis an die Stadtgrenze fährt, macht chinesischen Zeitungsberichten zufolge jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag an Euro Verluste. Chinesische Firmen versuchen zudem einen eigenen, billigeren Magnetschwebezug zu entwickeln, der jedoch noch im Versuchstadium ist. Vieles wird von dem Bericht von „Commander“ Wu Xiangming abhängen, dem Chef der Schanghaier Transrapid-Betreibergesellschafter, der am Wochenende nach Lathen gereist war, um sich zu informieren. „Commander“ Wu war der Pionier beim Aufbau des Schanghai-Transrapid und er wird bei den weiteren Ausbauplänen ein gewichtiges Wort mitreden. Sollte sich Peking für den Bau der 160 Kilometer langen Strecke von Hangzhou nach Schanghai entscheiden, wird er sich nun heimlich die Hände reiben. Der Unfall dürfte, so makaber es klingt, Chinas Verhandlungsposition beim Preis und beim Technologietransfer gestärkt haben. „Nach diesem Unfall kann China einen niedrigeren Preis für den Transrapid durchsetzen“, schrieb ein schadenfroher Internetnutzer in einem Diskussionsforum.

Harald Maass[Peking]

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