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Helfer kämpfen an der Weichsel gegen die Flut.

© dpa

Hochwasser: An der Weichsel geht es „um Kopf und Kragen“

Die Hochwasserlage am größten polnischen Fluss, der Weichsel, hat sich am Sonntag dramatisch verschärft. In der Stadt Sandomierz durchbrach der angeschwollene Fluss in der Nacht die Sperren aus Sandsäcken.

Teile der Stadt am rechten Ufer wurden erneut überflutet. Sein Ziel sei es nun, die bedrohte Glashütte zu retten, sagte Bürgermeister der 25.000 Einwohner zählenden Stadt, Jerzy Borowski. „Es geht um Kopf und Kragen“, betonte er. Der Betrieb mit 2000 Beschäftigten ist der größte Arbeitgeber in der Region. Auch eine Wohnsiedlung sei gefährdet.

Die städtischen Behörden riefen rund 3500 Einwohner auf, das besonders gefährdete Gebiet zu verlassen. Die meisten Menschen wollten jedoch in ihren Häusern bleiben. Sie werden von der Feuerwehr mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgt. Sandomierz liegt rund 200 Kilometer südlich von Warschau. Die historische Altstadt mit vielen Baudenkmälern aus dem 16. Jahrhundert liegt auf einer Anhöhe am linken Ufer und ist nicht gefährdet.

Am Morgen reiste Regierungschef Donald Tusk ins Krisengebiet. „Die Situation hat sich verschärft“, sagte der Politiker. Er sprach sich erneut gegen eine Ausrufung des Notstandes aus, weil dies „nichts bringen“ würde. Der Notstand würde automatisch eine Verschiebung der für den 20. Juni angesetzten Präsidentenwahl nach sich ziehen.

Die Flut hatte bereits vor zwei Wochen einen Damm in Sandomierz durchbrochen. Seitdem stehen Stadtteile am rechten Ufer unter Wasser.

Die Weichsel überflutete auch Teile von Tarnobrzeg rund 15 Kilometer südlich von Sandomierz. Dort sollten 4000 Menschen ihre Häuser räumen. Auch sie weigerten sich aber, ihr Hab und Gut zu verlassen. Im benachbarten Gorzyce standen rund 1000 Höfe unter Wasser.

Auch an mehreren anderen Stellen an der Weichsel und ihrer Nebenflüsse blieb die Lage angespannt. Nach einem Deichbruch in Zastow Polanowski südlich von Kazimierz Dolny überflutete die Weichsel die Gemeinde Wilkow. In der Gemeinde Szczucin stehen bereits 700 Häuser und Höfe unter Wasser. Große Teile von Jaslo am Fluss Wisloka waren ebenfalls überflutet.

Am Mittag wurde Hochwasseralarm für Warschau und angrenzende Gemeinden ausgerufen. Der Scheitelpunkt der Weichsel wird in der Hauptstadt erst am Dienstag erwartet. Er soll 7,60 Meter erreichen und damit 20 Zentimeter unter dem Höchstwert vom Ende Mai liegen. Die Dämme seien aber vollgesogen mit Wasser und deshalb sehr geschwächt, warnte ein Feuerwehrsprecher.

Als besonders gefährdet gelten Gebiete bei Plock, nördlich von Warschau. Die dort vor zwei Wochen zerstörten Deiche konnten bisher nicht vollständig repariert werden. Damals hatte der Fluss 20 Ortschaften überflutet. Die Behörden begannen damit, Kindern sowie ältere Menschen und Tiere aus der Gefahrenzone zu holen. Das Wochenende blieb in Polen weitgehend niederschlagsfrei. In der kommenden Woche erwartet das Hydrometeorologische Institut IMGW in Warschau allerdings weitere Regenfälle und Gewitter.

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