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Lagebesprechung für den Rettungseinsatz: Ein Helferteam am Höhleneingang am Untersberg.

© dpa

Höhlen-Drama in Alpen: Verletzter Höhlenforscher soll noch in dieser Woche gerettet werden

In der längsten und tiefsten Höhle Deutschlands ist ein Forscher bei einem Steinschlag verletzt worden. Die Bergung des Mannes wird Tage dauern, auch wenn er nicht so schwer verletzt ist, wie anfangs angenommen.

Der verletzte Höhlenforscher in den Berchtesgadener Alpen soll bis Ende der Woche gerettet werden. Nach Angaben der Bergwacht Bayern gehen die Retter von ungefähr drei bis fünf Tagen für die Aktion aus. Der 52-jährige Stuttgarter soll etappenweise zu den fünf Biwakstationen gebracht werden, die in der Riesending-Schachthöhle auf dem Weg nach oben eingerichtet wurden. Ein Expertenteam aus der Schweiz wurde am Dienstagvormittag bei dem Verletzten in rund 1000 Metern Tiefe erwartet.

Steinschlag 100 Meter unter der Erdoberfläche

Der Höhlenforscher war am frühen Sonntag mit zwei Begleitern rund 1000 Meter unter der Erdoberfläche in der tiefsten und längsten Höhle Deutschlands unterwegs, als es gegen 01.30 Uhr plötzlich zu einem Steinschlag kam. Dabei wurde er laut Bergwacht an Kopf und Oberkörper verletzt, er konnte die Höhle nicht mehr aus eigener Kraft verlassen. Einer der Begleiter kletterte daraufhin zwölf Stunden nach oben und schlug Alarm, der andere blieb zunächst bei dem Verletzten.

Offenbar sind die Verletzungen des 52 Jahre alten Mannes nicht so schwer, wie zunächst angenommen. Er sei dauerhaft ansprechbar und in der Lage, kurze Zeit zu stehen, sagte am Dienstagmorgen ein Sprecher der Bergwacht Chiemgau. Zuvor waren die Helfer davon ausgegangen, dass der Mann nur liegend transportiert werden könnte, was in dem engen Schacht aber kaum möglich gewesen wäre.

Der Höhlenforscher und seine Begleiter waren am Samstag eingestiegen. Die Bergung aus dem dunklen und teilweise extrem engen Schacht gestaltete sich äußerst schwierig: Noch am Montagabend war vollkommen unabsehbar, wann der gefangene Schwerverletzte wieder Tageslicht sehen kann.

Auch wenn der Gesundheitszustand des Forschers besser ist als angenommen, handelt es sich um eine äußerst komplizierte Rettungsaktion. „Vergessen Sie alles, was Sie bei Rettungseinsätzen je erlebt haben“, sagte Höhlenretter Norbert Rosenberger. „Wir haben in Deutschland nur eine Handvoll Leute, die in diese Tiefe steigen können“, betonte Nils Bräunig von der Höhlenrettung.

Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt

Der Rettungstrupp, der die beiden Männer am Montag erreichte, überbrachte neben medizinischer Ausrüstung auch Verpflegung wie Wasser und Essen. Es handelte sich um ein vierköpfiges Team, das den Lagerort des 52-Jährigen auf etwa 950 Metern Tiefe erreichte. Weitere Helfer richteten auf verschiedenen Ebenen Lager- und Biwakstationen ein. In der Höhle herrschten Temperaturen von 1,5 bis 5 Grad, wie Bärbel Vogel sagte, die Vorsitzende des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher.

Der Einsatz stellt auch die Helfer vor enorme physische Anforderungen. Die Rettungskräfte seien „teilweise bis an die absolute Leistungsgrenze“ gegangen“, sagte Bergwacht-Vertreter Schneider. In der Höhle wurde auch eine Telefonverbindung eingerichtet - allerdings nur bis zu einer Tiefe von 350 Metern.

Der Verunglückte ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Höhlenforschung Bad Cannstatt bei Stuttgart. „Für diese Höhle gibt es keinen erfahreneren Forscher als ihn“, sagte der Einsatzleiter der Höhlenrettung Baden-Württemberg, Matthias Leyk. Der 52-Jährige ist demnach ein Mitentdecker der Riesending-Schachthöhle.

Die Höhle ist die tiefste und längste Höhle Deutschlands. Das gigantische Gangsystem umfasst eine Länge von 19,2 Kilometern und ist 1148 Meter tief. Der Eingangsschacht war im Rahmen einer Plateau-Vermessung bereits im Jahr 1995 entdeckt worden, blieb jedoch im Schatten anderer Projekte bis 2002 nahezu unbeachtet. (dpa)

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