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„Dreckschleuder mit Herz.“ Larry Flynt ist seit dem Anschlag querschnittsgelähmt.

© picture-alliance / SCHROEWIG/

"Hustler": US-Porno-König Larry Flynt will die Republikaner aufmischen

Der nach einem Anschlag von einem Rassisten querschnittsgelähmte "Hustler"-Verleger bietet wieder eine Million Dollar für Informationen über ehebrecherische, heuchelnde Politiker.

Im „Hustler“-Magazin dominiert nacktes Fleisch, und auf der Webseite stehen Hunderte von Pornos zum schnellen Download bereit. Eine monatliche Online-Mitgliedschaft kostet 10 Dollar und schließt Seiten ein, die sich damit rühmen „gerade noch legal“ zu sein. Und dennoch, den Hustler-Boss Larry Flynt einen Pornokönig zu nennen, wäre ein bisschen unvollständig. Dieser Mann führt seit Jahrzehnten einen politischen Kampf um Meinungs- und Pressefreiheit und gegen Bigotterie in der Regierung. Dafür wird er gefürchtet.

Jetzt hat Larry Flynt wieder zugeschlagen. Auf einer ganzseitigen Anzeige in der „Washington Post“ lobt er eine Million Dollar aus für jeden, der ihm schmutzige Details über „Ehebruch, sexuelle Ungehörigkeiten und Korruption“ von aktuellen Kongressmitgliedern ausplaudern will. Die volle Summe gibt es für nachvollziehbare und bewiesene Skandale, die Flynt dann drucken und verkaufen will – damit greift er mitten in einen von rigiden Moralvorstellungen geprägten republikanischen Wahlkampf ein.

Es ist nicht sein erster Eingriff in die Politik. Die selbst ernannte „Dreckschleuder mit Herz“ wurde 1942 in einem kleinen Ort in Kentucky geboren und wuchs in ärmsten Verhältnissen auf. Sein Vater war beim Militär und selten zu Hause, eine Schwester starb mit vier Jahren an Leukämie, die Eltern trennten sich, er hasste den neuen Freund seiner Mutter. Zu Essen gab es wenig. Flynt arbeitete für ein paar Monate am Fließband eines GM-Zulieferers, schlug sich mit Poker und Alkoholschmuggel durch und landete irgendwann selbst bei der Armee.

Nackte Bedienung als Grundlage für den Erfolg

Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst kaufte Flynt für 1800 Dollar eine Bar in Dayton, Ohio. Die lief erfolgreich, und Flynt expandierte. Tag und Nacht hielt er sich mit Amphetaminen wach, während er seine Bars abklapperte, Geld zählte und Schlägereien schlichtete. Irgendwann hatte er genug von den Trunkenbolden. Sein nächster Club sollte mehr Klasse haben. 1968 öffneten sich zum ersten Mal die Türen zum Hustler Club, wo die Bedienungen jung waren, attraktiv und später halb nackt. Das war unerhört, aber erfolgreich: Zwei Jahre später hatte Flynt acht Hustler Clubs mit 300 Angestellten – der Grundstein zu einem Imperium war gelegt.

Einen billigen Newsletter, mit dem Flynt für seine Clubs warb, baute er nach und nach aus. Zuerst kamen Fotos seiner Bedienungen, dann Nacktfotos, dann der Vierfarbdruck, und bald war „Hustler“ ein Hochglanzmagazin, in dem sich nackte Frauen räkelten und Paare kopulierten – das hatte Amerika noch nicht gesehen. Auch die Mischung von Sex und Politik war neu: Im August 1971 veröffentliche Hustler Paparazzi-Fotos der früheren First Lady Jacqueline Kennedy Onassis, die nackt in der Sonne badete. Flynt hatte die Fotos für 18 000 Dollar erstanden, das Heft ging mehr als eine Million Mal über die Ladentheke.

Milos Forman verewigte ihn in dem Film "Die nackte Wahrheit"

Flynt, dessen Leben 1996 von Milos Forman in „Die nackte Wahrheit“ verfilmt wurde, war nun reich. Und umstritten. Immer wieder landete er mit seinen Obszönitäten vor Gericht, wurde aber meistens freigesprochen. Wie etwa in „Hustler Magazine vs. Falwell“: Der TV-Prediger Jerry Falwell klagte auf Schmerzensgeld für eine Werbe-Parodie, die ihm Sex mit seiner Mutter unterstellte. Der Supreme Court wies die Klage ab und fand, dass Prominente Gegenstand von Parodien sein können. Auf dem Weg zu einer Gerichtsverhandlung wurde Flynt 1978 von einem Rassisten angeschossen, der sich für Pornofotos mit Schwarzen und Weißen rächen wollte. Flynt ist seither von der Hüfte abwärts gelähmt und sitzt im Rollstuhl.

Seinen Eifer bremste der Zwischenfall nicht, und vor allem im politischen Umfeld fühlte sich Flynt zunehmend wohl: Während des Amtsenthebungsverfahrens gegen Bill Clinton bot er schon einmal eine Million Dollar für Hinweise auf schmutzige Geheimnisse – und er bekam sie. Eine Flynt-Veröffentlichung über sexuelle Eskapaden führte zum Rücktritt von Bob Livingston, der gerade Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus geworden war. Auch über die außerehelichen Beziehungen von Newt Gingrich wusste Flynt als Erster Bescheid. Gedruckt wurden sie nie, da Gingrich bereits zurückgetreten war.

Jetzt ist Gingrich wieder da. Dreimal verheiratet und von Ehebruch und Eskapaden verfolgt, präsentiert sich der bekehrte Katholik im Wahlkampf als moralische Stütze des Landes. Auch seine Kontrahenten fahren auf der Moralschiene: Rick Santorum, ebenfalls streng katholisch, kämpft gegen Verhütung und Abtreibung, und der Mormone Mitt Romney lässt keine Chance aus, auf seine 43-jährige Ehe „mit derselben Frau“ zu verweisen.

So viel Beteuerung macht misstrauisch.

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