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Tunnel

© dpa

ICE-Tunnelunglück: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Deutsche Bahn

Nach dem ICE-Unglück in der Nähe von Fulda ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft auch gegen Beschäftigte der Deutschen Bahn. Möglicherweise wurde in der Frankfurter Betriebszentrale eine Unfallmeldung nicht beachtet. Bei dem Unglück am Samstag waren 19 ICE-Passagiere verletzt worden.

Die Ermittlungen nach der Kollision eines ICE mit einer Schafherde in einem Tunnel bei Fulda konzentrieren sich zunehmend auf Beschäftigte der Deutschen Bahn AG. Unterdessen raste am Dienstag bei Arnstadt in Thüringen ein Regionalexpress mit 90 Stundenkilometern in eine ausgebrochene Rinderherde. 13 Kühe starben. Die rund 30 Fahrgäste kamen ebenso unverletzt davon wie die 37 Passagiere eines Regionalexpress-Zugs, der bereits am Montagabend wegen eines Lokschadens auf der Strecke Bayreuth-Nürnberg in einer Tunnelröhre steckengeblieben war.

Die Staatsanwaltschaft Fulda sehe aufseiten der Bahn "noch keinen Straftatbestand", sagte Justizsprecher Harry Wilke über den Ermittlungsstand beim schweren Unfall vom Samstagabend. Unstrittig sei aber, dass wenige Minuten vor dem Unglück bereits ein entgegenkommender ICE am knapp elf Kilometer langen Landrückentunnel mit einem Schaf kollidierte. Eine entsprechende Meldung des Lokführers sei auch bei der Betriebszentrale in Frankfurt eingegangen.

Möglicherweise Vorschriften missachtet

Es müsse nun untersucht werden, was mit der Unfallmeldung geschehen sei und was laut Vorschrift hätte geschehen müssen. Nach früheren Angaben von Bahn und Bundespolizei ist das Gleis für den Unglückszug nicht gesperrt worden. Medienberichte, wonach das Unglück in Deutschlands längstem Eisenbahntunnel wahrscheinlich vermeidbar gewesen sei, nannte der Staatsanwalt "spekulativ".

Als Hauptbeschuldigter gilt aber weiterhin der Schafbesitzer. Am Samstagabend war der Schnellzug mit Tempo 220 in seine Herde gerast, die vor dem Tunneleingang stand. Der Zug entgleiste, 19 Menschen wurden verletzt und etwa 20 Schafe kamen zu Tode. Gegen den Schäfer wird wegen des Verdachts des fahrlässigen Eingriffs in den Bahnverkehr ermittelt. Den Ermittlungen zufolge gibt es bislang keine Hinweise, dass Unbekannte oder streunende Hunde die Schafe den Berg hinauf zur Tunneleinfahrt getrieben haben könnten. Anhaltspunkte erhoffen sich die Ermittler von Zeugen, die noch vernommen würden.

Mehdorn will ICE-Strecken nicht einzäunen

Ein Sprecher der DB Netz wollte sich zu den internen Abläufen in Frankfurt nicht detailliert äußern, da es sich um ein schwebendes Verfahren handele. Er sagte unabhängig vom konkreten Fall, dass grundsätzlich je nach Ereignis eine betroffene Strecke gesperrt werden müsse. "Das hängt aber auch von der Einschätzung des Lokführers am Ort ab", sagte er. Genaue Statistiken zu Bahnunfällen mit Tieren lägen der DB Netz nicht vor. Derartige Unfälle seien "aber wirklich nichts Ungewöhnliches."

Bahnchef Hartmut Mehdorn lehnte in Berlin die komplette Einzäunung aller Hochgeschwindigkeitsstrecken erneut als unrealistisch ab. Es wären 100.000 Kilometer Zaun zu ziehen, was nicht zu finanzieren und auch im Ausland nicht üblich sei. Der Konzernchef sagte, er könne nicht bestätigen, dass es eine Warnung gegeben haben soll, nachdem zuvor ein anderer ICE in dem Tunnel ein Schaf erfasst habe. Der Kollege solle dazu befragt werden. "Wenn da etwas gewesen wäre, hätte er Alarm ausgelöst, da sind wir sehr penibel in diesen Fragen."

Bergungsarbeiten gehen voran

Unterdessen wurden bis zum Dienstagnachmittag beide Triebköpfe des Schnellzuges und drei weitere Wagen aus dem Tunnel geborgen. Der Bahn-Sprecher rechnete damit, dass auch die neun übrigen Wagen in den nächsten Tagen mit Kranwagen aus der Gleisröhre gezogen werden können. "Die Bergung ist nicht so einfach", betonte er. Die Wagen müssten auf das intakte Gegengleis oder spezielle Schlitten gehoben werden. Teilweise seien ihre Drehgestelle zerstört. Probleme machten auch die Dieselabgase der im Tunnel eingesetzten schweren Geräte. Die wichtige Nord-Süd-Verbindung bleibt weiterhin auf unbestimmte Zeit gesperrt. Reisende müssen mit Verzögerungen von etwa 30 Minuten rechnen. Eine genaue Schadenshöhe steht nach Bahnangaben nicht fest.

Die Rinder in Thüringen waren von einer Weide ausgebrochen, die vier Kilometer von der Bahnstrecke entfernt liegt. Anders als im hessischen Bahntunnel brachten die überfahrenen Tiere den Zug nicht zum Entgleisen. Eine Notbremsung hatte den Zusammenprall nicht verhindern können. Augenzeugen berichteten, die Tiere seien durch den Aufprall des rund 200 Tonnen schweren Zuges in Stücke gerissen worden. Bagger und Kräne räumten die Tierkadaver weg. Es gebe keine äußeren Schäden an der Triebwageneinheit, lediglich die Bremsleitungen seien defekt. (iba/dpa)

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