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Panorama: Ich gestehe!: Würden Sie fremden Leuten eine Geschichte erzählen, die Ihnen peinlich ist? Hier traut sich eine

Anfang der neunziger Jahre besuchte ich die Schauspielschule in Bochum und hatte kaum Geld, meine Miete zu zahlen. Da bekam ich ein Angebot für einen Werbefilm.

Anfang der neunziger Jahre besuchte ich die Schauspielschule in Bochum und hatte kaum Geld, meine Miete zu zahlen. Da bekam ich ein Angebot für einen Werbefilm. Ich sollte ein Messerset und einen Wok anpreisen und damit an einem Tag sage und schreibe sechshundert Mark verdienen. Allerdings war es damals noch verpönt, Werbung zu machen. Ich erkundigte mich bei der Schuldirektion, ob ich das machen dürfe. Man lehnte ab. Ich hatte das Geld aber so dringend nötig, dass ich beschloss, mich darüber hinwegzusetzen. Ich meldete mich krank, fand mich an einem Montagmorgen im Studio ein und ließ mich in ein grässliches Kostüm stecken: Hawaiihemd und Bermudashorts. Als "charmante Claudia", hielt ich das "laserscharfe Messerset" in die Kamera. Irgendwann schaute ich mich im Studio um und wer saß auf dem Regiestuhl: mein Dozent von der Schauspielschule. Ich hätte mich gerne in Luft aufgelöst, aber es blieb mir nichts anderes übrig, als den Quatsch unter den Augen meines Lehrers weiterzumachen. Es war grauenvoll. Erst am nächsten Tag fing die Geschichte an, sich für mich zu drehen. Mir ging auf, dass die Begegnung für meinen Dozenten mindestens so peinlich gewesen sein musste wie für mich. Drei Tage später hing eine Annonce am Schwarzen Brett der Schule. Darin machte er darauf aufmerksam, dass es einen lukrativen Nebenverdienst für Schauspielschüler bei besagter Werbefilmproduktion gäbe. Wir haben nie darüber gesprochen, aber von dem Moment an musste ich nicht mehr um meinen Ruf und meinen Studienplatz bangen. Werbung habe ich seither aber keine mehr gemacht.

Bea Schnippenkoetter

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