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Panorama: Ich gestehe!: Würden Sie fremden Leuten eine Geschichte erzählen, die Ihnen peinlich ist? Hier traut sich einer

Meine Frau sagt, mir ist nichts peinlich. Das stimmt aber nicht.

Meine Frau sagt, mir ist nichts peinlich. Das stimmt aber nicht. Meine Geschichte ist zwar eigentlich gar keine, weil sie noch nicht vorgekommen ist. Aber allein die Vorstellung, sie könnte mir einmal passieren, ist mir schon peinlich: Es ist nicht ganz unbekannt, dass ich relativ zeitungssüchtig bin - sowohl sie zu lesen, als auch selber drinzustehen. Zur Zeit ist eher Negatives über meine Arbeit zu lesen, jedenfalls in Hamburg. Eigentlich müsste ich sagen: Ich lese den ganzen Kram nicht, wir machen Theater schließlich nicht für die Zeitung. Ich gestehe aber, dass ich gelegentlich morgens um sechs, noch ungewaschen und ungekämmt, am Theater vorbei zum Bahnhof schleiche. Ich hoffe jedesmal, dass ich auf meinem Weg keinem meiner Techniker der Frühschicht begegne, die sich prustend auf die Schenkel klopfen, wenn sie sehen, wie ihr Intendant in aller Früh die Zeitungen holt. Das wäre mir richtig peinlich. Ich oute mich hiermit gewissermaßen vorauseilend. Aber eine Geschichte fällt mir ein, die mir tatsächlich passiert ist und die für einen Theatermann so ziemlich das Peinlichste ist, was im Umgang mit Schauspielern passieren kann. Das ist fünfzehn Jahre her. Ich hatte die Theater-Verfilmung "Familie Schroffenstein" nach Kleist von Hans Neuenfels gesehen, und war von der Hauptdarstellerin total begeistert. Am nächsten Morgen gab es ein großes Frühstück bei Freunden in Frankfurt. Ich erzählte praktisch zwei Stunden lang von der grandiosen Leistung dieser Schauspielerin und wunderte mich, dass alle immer lauter lachten, bis mir gewahr wurde, dass sie mir gegenüber saß. Das war sehr peinlich.

Bea Schnippenkoetter

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