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Panorama: Illinois stoppt Todesstrafe

US-Bundestaat zieht Lehre aus Justizirrtümern

Der US-Bundesstaat Illinois hat die Todesstrafe abgeschafft. Der demokratische Gouverneur Pat Quinn unterzeichnete das Gesetz, das der Landtag im Januar verabschiedet hatte, nach zweimonatiger Bedenkzeit. Alle bestehenden Todesurteile werden in eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne Berufungsmöglichkeit umgewandelt. Im Wahlkampf 2010 hatte er sich für die Beibehaltung der Todesstrafe ausgesprochen. Das trug zu seinem knappen Wahlsieg gegen den Republikaner Bill Brady bei. Die Unterschrift sei „die schwerste politische Entscheidung meines Lebens“ gewesen, sagte Quinn. Er sei aber zur Überzeugung gekommen, dass die Verfahren, die der Todesstrafe in Illinois vorausgehen, zu mehreren Fehlurteilen geführt haben, und „irreparabel“ seien. Illinois ist der 16. Bundesstaat, der die Todesstrafe nicht mehr zulässt. 34 halten weiter an ihr fest.

In der Praxis war die Todesstrafe seit elf Jahren in Illinois nicht mehr vollstreckt worden. Im Jahr 2000 verkündete der republikanische Gouverneur George Ryan ein Moratorium, nachdem Todesstrafengegner nachweisen konnten, dass mehrere Urteile gegen Unschuldige verhängt worden waren. Zum Ende seiner Amtszeit 2003 begnadigte er vier Verurteilte, die er für Opfer von Justizirrtümern hielt, und verwandelte die Todesurteile von 167 weiteren Todeskandidaten in Lebenslänglich.

Mit der offiziellen Abschaffung der Todesstrafe ist Illinois einerseits ein Sonderfall. Andererseits passt es sich in einen amerikaweiten Trend ein, in dem die Todesstrafe seit Jahren immer weiter zurückgedrängt und nur noch selten vollstreckt wird. In der Geschichte der USA hatte es zwei Versuche gegeben, die Todesstrafe landesweit abzuschaffen. Beide gelten im allgemeinen Bewusstsein als gescheitert. In den Folgejahren, so die kollektive Erinnerung, seien jeweils die Kriminalität und die Zahl der Morde stark angestiegen. So kehrte Amerika zur Todesstrafe zurück. Experten sagen, die Abschaffung der Todesstrafe sei nicht der Grund für die jeweils steigende Gewalt gewesen. Sondern andere zeitlich parallele Faktoren hätten das verursacht. In den 1920er Jahren ließen die USA die Todesstrafe allmählich auslaufen. Doch die Prohibition, das generelle Alkoholverbot, machte den verbotenen Alkoholausschank zu einem einträglichen Geschäft. Die Konkurrenz wurde in Chicago, Illinois und anderen Großstädten in blutigen Bandenkämpfen ausgetragen. Der Staat griff zu drakonischen Strafen, auch zur Todesstrafe.

Von 1972 bis 1976 war die Todesstrafe aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils vorübergehend suspendiert. Doch parallel gab es in vielen Großstädten Rassenunruhen und soziales Aufbegehren mit hoher Gewalt. Abermals glaubten viele Bürger, das habe mit der fehlenden Abschreckung durch Abschaffung der Todesstrafe zu tun. Seit 1977 durfte sie wieder vollstreckt werden. Bis 1999 stieg die Zahl der Exekutionen pro Jahr an, auf 98; seither sinkt sie. 2008 waren es 37, 2010 46. Sie wird hauptsächlich in republikanisch regierten Staaten im Süden wie Texas, Virginia, Alabama, Georgia vollstreckt, aber auch in Kalifornien, wo die Demokraten die Mehrheit haben. In den allermeisten Fällen jedoch bedeutet das Todesurteil in der Praxis lebenslanges Gefängnis.

Eine stabile Mehrheit der Bürger, rund zwei Drittel, ist für die Todesstrafe. Die Gegner haben jedoch immer wieder Erfolg mit Klagen gegen die Exekutionsmethoden oder wegen der Zweifel an der Rechtmäßigkeit in Einzelfällen. Fast überall wird ein Giftcocktail zur Exekution benutzt. Die US-Firma Hospira mit Sitz in Illinois stellt ihn her. Eine der drei Substanzen, Sodiumthiopental, stammt jedoch aus der Produktion in einer Tochterfirma in Italien. Italien hat nun verboten, dass der dort produzierte Stoff für Exekutionen benutzt wird. Den USA gehen die Hinrichtungsmethoden aus.

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