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Panorama: Indien: Am Nationalfeiertag bebte die Erde

Ein gewaltiges Erdbeben in Indien und Pakistan hat am Freitagmorgen mindestens 1000 Tote gefordert und schwere Verwüstungen angerichtet. Es war mit einer Stärke von bis zu 7,9 auf der Richterskala das heftigste Beben auf dem Subkontinent seit mehr als 50 Jahren.

Ein gewaltiges Erdbeben in Indien und Pakistan hat am Freitagmorgen mindestens 1000 Tote gefordert und schwere Verwüstungen angerichtet. Es war mit einer Stärke von bis zu 7,9 auf der Richterskala das heftigste Beben auf dem Subkontinent seit mehr als 50 Jahren. Das Beben war fast in ganz Indien, Pakistan und Nepal zu spüren. In Pakistan starben vier Menschen, drei von ihnen waren Kinder.

Nach den Erschütterungen um 8.46 Uhr Ortszeit (4.16 Uhr MEZ) spielten sich verzweifelte Szenen ab: Helfer gruben in Ahmedabad, der größten Stadt im Bundesstaat Gujarat, mit bloßen Händen nach Verschütteten. Die indische Regierung schickte zur Bergung Verletzter die Armee in das Katastrophengebiet.

In Deutschland riefen verschiedene Hilfsorganisationen zu Spenden für die Erdbebenopfer auf. Benötigt werden nach Aussage von CARE vor allem Matratzen, Zelte, Lebensmittel und sauberes Trinkwasser. Die Caritas stellte 200 000 Mark Soforthilfe zur Verfügung, die Arbeiterwohlfahrt 50 000 Mark.

Indiens Innenminister Lal Krishna Advani sagte, dass die Zahl der Opfer 1000 wohl übersteigen werde. Allein in Ahmedabad wurden mindestens 250 Menschen in einstürzenden Häusern begraben. In Bhuj nahe dem vermutlichen Epizentrum kamen 150 Menschen in einem einzigen zerstörten Gebäude ums Leben. Die Behörden in Gujarat hatten erst vor kurzem empfohlen, alle Häuser erdbebensicher zu machen. Dafür fehlt den allermeisten Menschen jedoch das Geld.

Das Beben führte auch zum Zusammenbruch von Telefonverbindungen. Noch Stunden nach der Katastrophe war es unmöglich, Nachrichten aus betroffenen Ortschaften zu bekommen. Das Stromnetz im Westen Indiens wurde ebenfalls vorübergehend unterbrochen, weil mehrere Kraftwerke für kurze Zeit ausfielen.

Starke Erdstöße gab es in ganz Indien: von Bombay im Westen über die Hauptstadt Neu-Delhi im Norden bis Kalkutta im Osten und Madras im Süden - über Entfernungen von mehr als 1500 Kilometer. Vielerorts liefen Menschen in Panik auf die Straßen. Das Meteorologische Institut in Delhi warnte vor Nachbeben. Niemand solle beschädigte Häuser betreten.

Trotz der Tragödie zog in Delhi eine Parade zum Nationalfeiertag wie geplant durch die Straßen. Experten sagten, die Entscheidung, den Zug nicht abzubrechen, habe eine mögliche Panik verhindern sollen. Auch in Allahabad am Ganges, dem Schauplatz des Hindupilgerfestes Kumbh Mela, war das Beben zu spüren. Es gab aber keine Panik. Von den 27,5 Millionen Hindus, die am Mittwoch im Ganges gebadet hatten, hielten sich am Freitag noch rund vier Millionen in Allahabad auf.

Über die Stärke und das Epizentrum des Bebens gingen die Angaben auseinander. Das Erdbebeninformationszentrum in Denver in den USA gab die Stärke des Bebens mit 7,9 auf der Richterskala und das Epizentrum mit Gujarat in Indien an. Die Erdbebenwarte in Straßburg sprach von einer Stärke von 7,6 und lokalisierte das Zentrum vor der Küste Pakistans.

Von der Stärke her war es in Indien das schwerste Beben seit 1950. Damals war in Assam im Nordosten ein Beben mit einer Stärke von 8,6 gemessen worden. 1993 waren bei einem Beben der Stärke 6,3 in Maharashtra im Westen des Landes bis zu 10 000 Menschen ums Leben gekommen. Beim letzten schweren Beben waren 1999 im Himalaya mehr als 100 Menschen getötet worden. Seit der Unabhängigkeit 1947 hat es elf schwere Erdbeben gegeben, unter anderem eines in Gujarat 1956.

Die Erdbeben in Indien sind deshalb häufig, weil das "junge" Gebirge des Himalaja immer noch jährlich um mehrere Zentimeter wächst und diese Masse über den gesamten Subkontinent wegschiebt. Das aber dieses Beben so viele Regionen heimgesucht hatte, ist äußerst ungewöhnlich. Dementsprechend groß war der Schock. Überall liefen die Menschen in Panik aus ihren Häusern. Trotz der Erdbebengefahr gibt es in Indien kein Krisenmanagement für solche Fälle, geschweige denn einsatzbereite Hilfskräfte.

Gabriele Venzky

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