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Panorama: Internet in Asien durch Erdbeben weiter gestört

Experten: Rückfall ins Telefonzeitalter / Schwierigkeiten für Finanzdienstleister

Nach dem schweren Erdbeben vor der taiwanischen Küste ist der Internetzugang für Millionen Menschen in Asien weiterhin beeinträchtigt. Nach Einschätzung mehrerer Telefongesellschaften können die Störungen noch einige Wochen andauern. Das Beben der Stärke 6,7 hatte am Dienstag die sechs elektrischen Unterwasserglasfaserkabel Taiwans beschädigt, in Taiwan kamen mindestens zwei Menschen ums Leben.

Durch die beschädigten Kabel hatte sich die Internetverbindung in Asien verlangsamt, ausländische Internetseiten waren teilweise gar nicht zu erreichen. Auch deutsche Internetbenutzer müssen nach Angaben der Telekom-Tochter T-Com unter Umständen mit Verzögerungen rechnen. Auch von T-Com benutzte Kabel seien beschädigt worden. Mit Problemen haben nach Einschätzung von Uwe Stache, Chef des Berliner Internetproviders Berlin-one.net, vor allem Firmen aus den Finanzdienstleistungsbranchen zu kämpfen. Aber auch Unternehmen, die wichtige Dienstleistungen nach Asien ausgelagert haben, bekommen die Verzögerungen im Internetverkehr nach Asien massiv zu spüren.

Das asiatische Netz war auch am Donnerstag nur halb so schnell und verlässlich wie der Weltdurchschnitt. Kommentatoren sprachen von einem „Kollaps der virtuellen Welt“ und einem „Rückfall ins Telefonzeitalter“. Aber auch Telefonverbindungen sind von den Schäden betroffen. Telefonate zwischen Taiwan und den USA gingen auf 40 Prozent zurück, von Taiwan nach China sogar auf 10 Prozent. Internetanbieter schalteten zwar auf Notsysteme und alternative Routen um, die Ausfälle konnten diese Maßnahmen aber nicht vollständig auffangen.

Inzwischen sind die Reparaturarbeiten angelaufen. Die größte taiwanische Telefongesellschaft Chingwha Telecom verpflichtete drei Spezialschiffe aus Großbritannien, Japan und Singapur; die Kabel müssen an verschiedenen Stellen geflickt werden. Wie lange die Arbeiten dauern, hängt vom Wetter auf See und der Schwere der Schäden ab.

Dass sich das Seebeben in Asien so massiv auf den Internetverkehr ausgewirkt hat, ist Uwe Stache zufolge nicht verwunderlich. „Asien ist geografisch sehr einseitig ans Internet angeschlossen“, so der Netzexperte. Zudem würde das Internetbackbone, also das Rückgrat des Netzverkehrs in dieser Region, nur von sehr wenigen Unternehmen betrieben, deren Seekabel Richtung USA in sehr engem Abstand verlegt wurden. „Der Abstand beträgt mitunter nur wenige hundert Meter, die Kabel können sich beinahe die Hand reichen“, so Stache. Damit unterscheidet sich die Situation in Asien komplett von der Internetinfrastruktur in Europa. Die Netze der konkurrierenden Unternehmen sind auf dem Festland so engmaschig verlegt, dass der Ausfall einzelner Knoten größtenteils aufgefangen werden könnte, sagte T-Com-Sprecher Wilfried Seibel. Selbst im Überseeverkehr mit den USA ist ein derart gravierender Einbruch wie derzeit in Asien nicht zu befürchten. „Der Internetverkehr nach Amerika wird in Europa über London, Amsterdam und Frankfurt abgewickelt. Wenn einer dieser Knoten ausfällt, wäre das sicherlich sehr übel, aber längst nicht so problematisch wie jetzt vor Taiwan“, sagt Stache.

Trotz dieser grundsätzlichen Unterschiede in der Internetinfrastruktur sind aber auch in Deutschland Szenarien denkbar, bei denen das Internet zumindest sehr stark eingeschränkt würde. „Vor allem in Norddeutschland nördlich von Hannover sind nur sehr wenige Netzbetreiber tätig. Wenn davon nur einer ausfällt, ist das von den verbleibenden Betreibern nur noch sehr schwer aufzufangen“, warnt der Internetunternehmer. Für Berlin und den Süden Deutschlands gelte dies hingegen nicht.

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