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Panorama: Irgendwie komisch

Am Rande des Parteitags der Republikaner traten in New York konservative Komiker auf

Ein islamischer Selbstmordattentäter glaubt fest daran, dass im Paradies 72 Jungfrauen auf Märtyrer wie ihn warten. „Wenn Bill Clinton das wüsste, hätte er sich längst in die Luft gesprengt“, sagt Chris Warren. Das Publikum lacht vergnügt. Warren stammt aus einer Soldatenfamilie, trägt Schnauzbart und ist derb. Vor kurzem war er 22 Tage lang im Irak, um mit seinen Witzen die US-Truppe zu amüsieren. Das nächste Mal, wenn die amerikanische Armee „Schock und Ehrfurcht“ verbreitet, fordert er, möge bitte der Eiffelturm im Hintergrund zu sehen sein. Wieder kichern die Zuhörer vergnügt. Direkt am Times Square in New York hat vor kurzem die „Laugh Factory“ aus Los Angeles eine Dependance eröffnet. Dort treten jeden Abend Stand-up-Comedians auf.

Pünktlich zum Parteitag der Republikaner ist ein Trupp rechter Komiker eingetroffen. Im Publikum sitzen an diesem Abend ein paar Delegierte aus Kalifornien, eine Gruppe konservativer Jugendlicher, die Highlights zeichnet eine lokale Fernsehstation auf. Man sitzt in einem kleinen, niedrigen Saal auf roten Bänken. Getränke werden serviert, die Atmosphäre ist intim. Worüber lachen die Rechten? Warren ist mit Abstand der Zotigste. Leidenschaftlich zieht er über Ökos und Vegetarier her. Viele seiner Sketche sind sexistisch und wegen ihrer dezidierten Frauenfeindlichkeit nicht zitierfähig. Ein Gag zum Thema Selbstmordattentäter: „Ich verstehe die nicht. Was wollen die mit 72 Jungfrauen? Das sind doch lauter Frauen, die nicht wissen, was Sex ist. Da fühlt man sich doch an die Qualen seiner Schulzeit erinnert.“

Zum Auftakt spricht Jeff Wayne, ein gut beleibter Mittvierziger aus Kentucky. Der Parteitag der Republikaner in New York wird von zahlreichen Gegendemonstrationen begleitet. „Warum hat man keine Protestler in Boston gesehen, beim Parteitag der Demokraten? Na, die saßen alle in der Halle.“ Wayne regt sich über liberale Erziehungsmethoden auf, die „feel-goodeducation“. Selbst die dümmsten Bälger würden für ihre Leistungen gelobt. Er dagegen würde es begrüßen, wenn endlich Gefängnisse für Zwei- bis Zwölfjährige gebaut würden. „Kinder muss man früh traumatisieren, bevor sie einen selbst traumatisieren.“ Kein Thema des amerikanischen Kulturkampfes wird ausgelassen. Erziehung, Ökologie, Abtreibung, Homosexualität. Die konservativen Komiker machen sich einen Spaß daraus, gegen jede „political correctness“ zu verstoßen. Sollen Schwule in der Armee dienen? Klar, meint Wayne. „Wir sollten sogar eine reine Schwulenarmee haben. Damit könnten wir unseren Gegnern drohen. Passt auf, könnten wir denen sagen, unsere schwulen Soldaten nehmen gerne Gefangene.“

Julia Gorin wurde in der Sowjetunion geboren. Sie ist Jüdin, ihre Eltern wanderten in die Vereinigten Staaten ein. Mund und Fingernägel sind knallrot, um ihren Hals hat sie sich schweren Glitzerschmuck gehängt. Als jüdische Republikanerin komme sie sich vor wie von einem anderen Stern, sagt sie. Die große Mehrheit der New Yorker Juden wählt traditionell demokratisch. Gorin schwimmt auf der Welle antieuropäischer Ressentiments. Nicht verstehen kann Gorin, warum sich die Europäer darüber empörten, dass Museen im Irak geplündert wurden. „Die Plünderer haben viel weniger Gegenstände mitgenommen als die Clintons aus dem Weißen Haus.“ Immer noch ist der demokratische Ex-Präsident, weit mehr als Herausforder John Kerry, ein beliebtes Ziel der konservativen Attacken. Aber auch Michael Moore, der linke Filmemacher. Dessen Anti-Bush-Dokumentation „Fahrenheit 9/11“, sagt Gorin, sei handwerklich immerhin besser gemacht, „als es die Sowjetpropaganda war, aber längst nicht so gut wie die der Nazis“.

Darüber lachen Amerikas Rechte. Doch sicher nicht alle. Für bibeltreue Christen aus Alabama etwa dürfte die Show zu vulgär sein.

Prüderie und Humor schließen sich aus. Auch deshalb war politischer Humor bislang eine Domäne der Linken. In Sachen Spott, Satire und Sarkasmus waren sie den Rechten stets haushoch überlegen. Als George W. Bush sein Amt antrat, blühten die Anti-Bush-Witze. Dessen Intelligenz und rhetorische Qualitäten wurden verballhornt. Inzwischen lacht Bush zurück. Dennoch: Auf dem weiten Feld der politischen Kultur sind die drei Komiker von der „Right Stuff Comedy“ kaum mehr als exotische Gewächse.

Spontaner, anarchischer und fantasievoller sind nach wie vor die Linken. Gerade in New York. Fast täglich demonstriert eine Gruppe, die sich „Billionaires for Bush“ nennt, gegen den Parteitag der Republikaner. Deren Mitglieder verkleiden sich, spielen Straßentheater und skandieren. Und im „Bowery Poetry Club“, der 24 Stunden geöffnet hat, tragen BushGegner bis in die frühen Morgenstunden ihre selbst verfassten politischen Gedichte vor. Oder aber ein Künstler springt mit einem Lasso auf die Bühne, um die Gruppe „cowboys against war“ zu repräsentieren. Da lachen dann die anderen.

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