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Israel: Gefangener seiner selbst

Israels populärster TV-Entertainer Dudu Topas erhängte sich offenbar – während er wegen des Vorwurfs der Körperverletzung in U-Haft saß.

Israels größter TV-Star aller Zeiten hat sich in der Untersuchungshaft erhängt. Dudu Topas wurde am Donnerstag wenige Minuten nach dem Morgenappell tot in der Dusche seiner Zelle gefunden. Topas war seit mehreren Monaten inhaftiert, während gegen ihn ein Gerichtsverfahren wegen Körperverletzung lief. Er soll professionelle Schläger auf führende Medienvertreter angesetzt haben, die er für sein misslungenes Comeback verantwortlich machte.

Der 63-Jährige war in den neunziger Jahren und zu Beginn dieses Jahrtausends der israelische Fernsehstar schlechthin. Von der Kritik regelmäßig verrissen, gelang es ihm doch immer wieder „nicht nur die Massen vor den Bildschirm zu locken. Auch diejenigen mit hoher Stirn konnten sich ihm nicht entziehen“, sagte einst ein Fernsehkritiker des öffentlichen Rundfunks über seinen steilen TV-Aufstieg.

Topas, Sohn eines berühmten Schauspielers, begann seine Karriere als Stand-up-Comedian. Seine vielfach selbst verfassten Sketche sind längst folkloristische Legende. Nach den ersten Fernsehauftritten als Quizmaster ging es für den gut aussehenden Frauenschwarm nur noch aufwärts. Israels Straßen leerten sich bei seinen Shows wie sonst nur bei Europapokalspielen des ewigen Basketballmeisters Maccabi Tel Aviv.

Topas leistete sich allerdings immer wieder peinliche Aussetzer. Mit einem entschied er sogar die Wahl zugunsten des konservativen Likud, als er auf der abschließenden Wahlkampfkundgebung der konkurrierenden Arbeitspartei die Wähler des nationalkonservativen Likud beleidigte – laut Wahlforschern wechselten daraufhin vier Mandate von der Arbeitspartei zum Likud, der mit knappem Vorsprung siegte. Ein anderes Mal biss er in einer Livesendung einer lateinamerikanischen Schauspielerin in den Arm.

Schließlich wurde es den Fernsehbossen zu bunt und den Zuschauern trotz aller Skandale zu langweilig. Aus „Topas dem Ratingkönig“, der sich allen Ernstes überlegte, für das Amt des Staatspräsidenten zu kandidieren, wurde der Frühpensionär, dessen unzählige Comebackversuche von den TV-Gewaltigen abgewiesen wurden, ebenso wie seine verzweifelten Bitten für eine Kolumne in einer Programmzeitschrift.

Topas startete daraufhin einen einzigartigen Rachefeldzug. Er soll kriminelle Schlägerkommandos beauftragt haben, zwei Fernsehbosse und einen Künstleragenten zusammenzuschlagen, und plante wohl weitere Attacken auf TV-Stars. Vor einigen Monaten wurde er deswegen verhaftet und legte nach Polizeiangaben ein Geständnis nach dem anderen ab. Nachdem offiziell Anklage erhoben worden war, tauchte vor wenigen Tagen ein Briefumschlag auf, der eine Revolverkugel enthielt und den Topas noch vor seiner Verhaftung an einen seiner Nachfolger abgeschickt hatte.

Der schwer zuckerkranke Topas versuchte in der U-Haft zuerst sich mittels einer Überdosis Insulin das Leben zu nehmen und galt als schwer suizidgefährdet. Deshalb wurden auch in seiner Zelle, die er mit anderen Häftlingen teilte, zwei Überwachungskameras installiert, die aber Toilette und Dusche nicht erfassten. Wenige Minuten nach dem Morgenappell und der Insulinspritze unter Aufsicht erhängte sich Topas am Donnerstag, am Boden sitzend, mit dem kurzen Elektrokabel seines Wasserkochers am nur 70 Zentimeter hohen Duschhahn.

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