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JVA Siegburg: Verteidiger im Foltermord-Prozess plädiert auf Jugendstrafe

Im Prozess um den Foltertod eines 20-Jährigen im Jugendgefängnis Siegburg hat der Verteidiger des mutmaßlichen Haupttäters eine Jugendstrafe für seinen Mandanten beantragt. Die Tat sei ein "gruppendynamischer Prozess" gewesen.

Nach den Plädoyers der Verteidiger vor dem Landgericht Bonn soll es für keinen der drei Angeklagten lebenslange Haft oder eine Höchststrafe nach Erwachsenenstrafrecht geben. Die Gewalttat vom November 2006 sei ein "gruppendynamischer Prozess" gewesen. Keiner der Angeklagten hätte das Verbrechen allein so ausüben können.

Zudem sei die Tat zum Teil auch durch die Bedingungen zu erklären, die in der JVA Siegburg geherrscht hätten, hieß es in den Plädoyers weiter. So seien die jungen Männer das ganze Wochenende in einer gemeinsamen Zelle sich selbst überlassen und Warnsignale nicht beachtet worden. Das Urteil soll am 4. Oktober gesprochen werden.

Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht?

Für einen zur Tatzeit 19-Jährigen solle entweder das Jugendstrafrecht mit einer Höchststrafe von zehn Jahren oder das Erwachsenenstrafrecht mit 13 Jahren Haft angewendet werden, forderte sein Verteidiger. Bei ihm hatte die Staatsanwaltschaft ein Urteil nach Erwachsenenstrafrecht mit lebenslanger Haft gefordert. Da bei ihm die Schuld besonders schwer wiege, komme eine Haftentlassung nur nach genauester Prüfung und nicht vor 18 Jahren in Betracht.

Bei dem mitangeklagten 21-Jährigen plädierte der Verteidiger auf 12 Jahre Haft. Ebenso wie die Staatsanwaltschaft stufte ihn auch die Verteidigung nur als "Mittäter" ein, plädierte aber auf eine um drei Jahre geringere Strafe als die Anklage, die 15 Jahre Haft gefordert hatte. Der 21-Jährige sei nicht der Antreiber zu der Tat gewesen, argumentierte sein Verteidiger. "Diese Tat hätte auch ohne ihn geschehen können." Auch bei der sexuellen Gewalt habe er nicht mitgemacht.

Verteidiger: Milde wegen schlimmer Kindheit

Für den damals 17-Jährigen verwies die Verteidigung auf Milderungsgründe und stellte die Strafe nach Jugendstrafrecht ins Ermessen des Gerichts. Es solle aber nicht die Höchststrafe von zehn Jahren sein. Dies hatte die Staatsanwaltschaft gefordert, die in ihm den "maßgeblichen Ideengeber" für das Gewaltszenario sah. Der Verteidiger verwies darauf, dass der jüngste Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt habe. Ohne seine Aussagen hätte das Geschehen so nicht aufgeklärt werden können. Außerdem habe er eine schlimme Kindheit gehabt und sich als einziger Angeklagter später bei der Familie des Getöteten entschuldigt und die Tat auch im Nachhinein selbst als unbegreiflich bezeichnet.

Die drei Angeklagten waren Zellengenossen des Opfers. Sie sollen den 20-Jährigen am 11. November 2006 auf grausame Weise, aus Mordlust und zur Verdeckung von Straftaten getötet haben. Das Martyrium des jungen Mannes zog sich - von den Aufsehern unbemerkt - fast elf Stunden lang hin. Am Ende hängten ihn seine Mithäftlinge der Anklage zufolge an Bettlakenstreifen im Bad der Zelle auf. Erst am nächsten Morgen verständigten sie die Wachhabenden. (mit dpa/AFP)

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