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Panorama: Kampagnenopfer Wiener

Affäre um die Spendenorganisation Foodwatch

Die Zutaten der Affäre müssen für einen gestandenen Kampagnenspezialisten unwiderstehlich sein: Eine Starköchin, ein Konzern, der seit geraumer Zeit als Prügelknabe für alles und jeden dienlich ist, und ein paar nebensächliche Fakten, die sich aber mit wenig Aufwand zum Skandal aufpumpen lassen. Sarah Wiener, die Bahn und die Tatsache, dass ein paar nicht deklarationspflichtige Zutaten in Sarah Wieners Gerichten für die ICE-Restaurants in der Speisekarte auch nicht deklariert werden, sondern nur auf Wunsch des Gastes – daraus hat „Foodwatch“ eine mit allen Wassern gewaschene Pressemitteilung konstruiert, ein Musterbeispiel der aufgeregten Skandalisierung, die das Ziel solcher Kampagnen ist. „Mogelpackung“ ist noch der geringste der Vorwürfe, deren sachlicher Kern nur mit Mühe herauszuarbeiten ist.

Der zentrale Punkt: Die Rinderroulade, die nach einem Rezept der Köchin bei der Firma Sander Gourmet zubereitet wird, enthält gehärtetes Fett, das Verdickungsmittel Xanthan, Zitronensäure, wohl auch Aromen. Das macht aus Sarah Wieners Sesam-Zitronen-Hühnchen natürlich keine „industriell stark verarbeitete Nahrung“ und ist in keiner Weise ungesund, wie Foodwatch mit einem Wiener-Zitat zu insinuieren versucht. „Besonders dreist“ findet Foodwatch, dass das Rezept zum Nachkochen veröffentlicht wird, ohne dass diese Zutaten erwähnt werden. Das allerdings wäre vollkommen sinnlos, denn die sind auch nur deshalb notwendig, weil die Gerichte nicht zu Hause frisch zubereitet, sondern jeweils für einen Monat im Voraus in Tausenden von Portionen gekocht und anschließend in den Dampfgarern der Speisewagen erhitzt werden. Xanthan, ein Zusatzstoff, mit dem vor allem Biohersteller die tierische Gelatine ersetzen, dient beispielsweise zur Stabilisierung der Sauce; zu Hause würde man die gleichermaßen unbedenkliche Stärke verwenden. Auch das gehärtete Fett dient der Langzeitstabilisierung, und Zitronensäure schützt Tomatenmark vor Oxidierung. Was die Bahn an Bord serviert, ist nicht zu vergleichen mit den Gerichten, die die bekannten Köche der Aktion „TV-Köche tischen auf“ in ihren Restaurants à la minute servieren. Das ist eine Banalität, und niemand wird – auch angesichts der günstigen Preise, die für ein Hauptgericht um 12 Euro liegen – nun Restaurantqualität erwarten, zumal es im Speisewagen weder einen Herd noch gelernte Köche gibt. Weder die Bahn noch die TV-Köche haben das jemals behauptet, und in jeder der regelmäßig stattfindenden Pressekonferenzen ist unumwunden eingeräumt worden, dass Kompromisse notwendig sind, um gutes Essen im Speisewagen servieren zu können. Es ist in der Branche unbestritten, dass die dafür ausgewählte Firma mit einem Minimum an industriell aufbereiteten Zutaten arbeitet und kontinuierlich daran arbeitet, ihren Einsatz weiter zu reduzieren. Das Bahnessen schmeckt in der Regel besser als alles, was in den Bahnhöfen am Rand der Strecke serviert wird.

An der Bahn-Aktion hängt, nebenbei, auch noch eine Spendenaktion: 50 Cent pro Gericht gehen an Karlheinz Böhms Äthiopien-Hilfe. Vermutlich wird jetzt weniger gegessen im Speisewagen. Gehen stattdessen mehr Spenden an Foodwatch, hat die Organisation ihr Nahziel erreicht.

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