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Panorama: Kampf unter Nachbarn

Mensch und Elefant beanspruchen dasselbe Land – und die Feindseligkeit wird größer

Für viele der Touristen, die Simbabwe jedes Jahr besuchen, hat Oliver Moyo das große Los gezogen. Seit fast 20 Jahren lebt der Vater von neun Kindern in dem kleinen Korridor zwischen den nördlichen Ausläufern des Hwange Nationalparks und den weltberühmten Victoria-Fällen. Tag für Tag sieht er dort jene Tiere, für deren Beobachtung Ausländer Hunderte von Dollar zahlen.

Doch Moyo fühlt sich keineswegs privilegiert. Immer wieder sind die beiden kleinen Maisfelder neben seiner Strohhütte in den letzten Jahren von Elefanten zertrampelt worden. „Was sie nicht fressen, zerstören sie“, sagt er. Als einer seiner Nachbarn letztes Jahr seine kleine Maisernte schützen wollte und die eingedrungenen Elefanten durch das Schlagen von Töpfen und Pfannen fortzuscheuchen suchte, wurde er von einem der Elefanten angegriffen und von einem Stoßzahn getroffen. Seitdem ist er von der Hüfte abwärts gelähmt.

In den letzten Jahren wurden in Simbabwe jährlich etwa zehn Farmer von Elefanten totgetrampelt; in Kenia liegt die Zahl um ein mehrfaches höher. Nur in den seltensten Fällen entschädigen Afrikas Regierungen die Bauern für die erlittenen Verluste oder Verletzungen. „Elefanten sind extrem gefährlich“, klagt Moyo und schaut resigniert auf den plattgewalzten Mais. „Wenn es nach mir ginge, würde es hier überhaupt keine wilden Tiere mehr geben.“

Es liegt in der Natur der Sache, dass verschiedene Kulturen den Elefanten mit anderen Augen sehen. Der Europäer kennt die Dickhäuter aus dem Fernsehen oder von der Safari. Ihm wird beim Anblick des Elefanten warm ums Herz. Dem Afrikaner, der sich wie Moyo seinen Lebensraum mit dem Elefanten teilen muss, wird bei dessen Anblick indes bang ums Herz. Der Elefant ist ein majestätisches Tier, aber er ist auch ein schlechter Nachbar. Umfragen haben gezeigt, dass die meisten Afrikaner Moyos Meinung teilen. Die rapide Bevölkerungszunahme hat den Druck auf das landwirtschaftliche Nutzfläche noch verstärkt. Und je stärker Menschen und Dickhäuter um den begrenzten Platz konkurrieren, desto mehr schlägt bei den Einheimischen der Respekt vor der Tierwelt in Verzweiflung und Wut um.

Besonders erbittert wird der Kampf zwischen Mensch und Tier in den Randzonen der Naturparks geführt, wo Kleinbauern wie Moyo das Land für den Anbau ihrer Mais- oder Tabakfelder abbrennen.

Eine Herde Dickhäuter hat die Wirkung einer Planierraupe: Bäume werden entwurzelt und umgerissen, Zweige abgebrochen, die Erde umgepflügt. Für die Elefanten ist die zunehmende Feindseligkeit der Menschen eine große Gefahr: „Nur rund 40 Prozent aller Dickhäuter leben in Naturparks“, sagt Bernard Morobe, der Chef von Mankwe Safaris. „Die übrigen Elefanten buhlen direkt mit Menschen um Ressourcen.“ Für Morobe, den ersten schwarzen Südafrikaner, der ein Safariunternehmen betreibt, ist der Fall klar. „Eine Überlebenschance hat der Elefant nur, wenn sich ein Modus vivendi zwischen Tier und Mensch finden lässt. Und wenn die Afrikaner Elefanten nicht mehr für eine Plage sondern eine Einkommensquelle halten.“

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