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Panorama: Kampfhund-Debatte: Ein Grab für Volkan in Ostanatolien

Es muss die schwerste Reise ihres Lebens gewesen sein. Die Eltern des kleinen Volkan Kaya, der am Montag in Hamburg von Kampfhunden totgebissen wurde, kamen am frühen Donnerstagmorgen in der türkischen Hauptstadt Ankara an - mit der Leiche ihres sechsjährigen Sohnes im Frachtraum der Linienmaschine der Turkish Airlines.

Es muss die schwerste Reise ihres Lebens gewesen sein. Die Eltern des kleinen Volkan Kaya, der am Montag in Hamburg von Kampfhunden totgebissen wurde, kamen am frühen Donnerstagmorgen in der türkischen Hauptstadt Ankara an - mit der Leiche ihres sechsjährigen Sohnes im Frachtraum der Linienmaschine der Turkish Airlines. Die Familie stammt aus der Gegend südlich der Stadt Erzurum im Osten der Türkei, und das dortige Heimatdorf der Kayas, Yalakonak, wurde von den Eltern als letzte Ruhestätte des kleinen Volkan bestimmt. Die Stunden bis zur Weiterreise nach Erzurum mussten die Kayas auf Bänken im Flughafengebäude von Ankara verbringen, weil keine Zeit mehr geblieben war, um ein Hotelzimmer zu besorgen.

Der Horror, den der tödliche Angriff der Kampfhunde auf Volkan auslöste, sitzt tief. Die Angehörigen der jungen Eltern Ayfer (29) und Gani (35) erfuhren am Montag aus dem Fernsehen vom Tod des kleinen Jungen - nur wussten sie zunächst nicht, dass es sich um ihren Volkan handelte, wie eine Verwandte in Yaylakonak erzählt. Kaum vom ersten Schock erholt, begaben die Eltern sich am Mittwochabend auf die schmerzliche Reise in die Heimat, um ihren Jungen zu begraben. Volkan selbst wurde in Hamburg geboren und besuchte Yaylakonak nur einmal als Zweijähriger. "Jetzt kommt er im Sarg zu uns", sagte ein Verwandter der Kayas.

Die türkische Öffentlichkeit nimmt großen Anteil an dem Schicksal ihrer Landsleute. In Sondersendungen berichteten die Fernsehsender Anfang der Woche über den Tod Volkans, und die Zeitungen hielten ihre Leser in den vergangenen Tagen über den Stand der Debatte in Deutschland über ein Verbot für Kampfhunde auf dem Laufenden. Polemik gab es dabei kaum. Selbst die nationalistischen Massenblätter, die sonst mit Vorwürfen ausländerfeindlicher Umtriebe in Deutschland schnell bei der Hand sind, hielten sich diesmal zurück: Schließlich ist der Halter eines der beiden Killer-Hunde selbst Türke.

Die Tatsache, dass es schon wenige Tage nach dem tödlichen Angriff auf Volkan in vielen deutschen Bundesländern Verbotsmaßnahmen hagelte, wurde in der Türkei mit unverhohlenem Neid registriert. "Verbot in Düsen-Geschwindigkeit", hieß es etwa in der gemäßigt-islamistischen Zeitung "Zaman" am Donnerstag. Kritisch vermerkte "Zaman", türkische Politiker reagierten nie so schnell. Und der tragische Tod des kleinen Volkan führt den Türken auch vor Augen, dass sie selbst ein Kampfhund-Problem haben. Zwar ist die Einfuhr der Pitbulls und anderer Kampfhund-Rassen offiziell seit 1993 verboten, doch die Haltung der Tiere ist es nicht. Zudem kümmert sich in der Praxis kaum jemand um das Importverbot, beschwert sich der Vorsitzende der Istanbuler Tierärzte-Kammer, Tahsil Yesildere.

Türkische Kampfhund-Interessenten besorgen sich die Tiere entweder aus den nahen Balkan-Staaten oder von Züchtern im eigenen Land. Der Chef einer Istanbuler Zuchtanstalt berichtet stolz, er habe derzeit 50 Kampfhunde im Angebot. Zwischen 2000 und 3000 Mark muss ein Kunde für einen Welpen hinblättern - eine beträchtliche Summe in einem Land, in dem der durchschnittliche Monatslohn bei etwa 500 Mark liegt. Vom "Mafia-Hund" war deshalb in der Zeitung "Milliyet" die Rede. "Was in anderen Ländern verboten ist, ist bei uns Mode", beklagt sich auch der türkische Verein der Tierfreunde.

Unterdessen bereitete sich die Familie des sechsjährigen Volkan in Yaylakonak auf die Beisetzung des kleinen Jungen vor. "Unser Volkan ist einen fürchterlichen Tod gestorben", sagt eine Verwandte, Nihat Kaya, in den türkischen Medien. "Diese Kampfhunde müssen gestoppt werden."

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