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Katastrophales Leck: Gefahr am Meeresgrund

Warum die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko weitaus schlimmer ist als andere, zum Beispiel die Havarie der Exxon Valdez vor Alaska.

Leuchtend gelbe und orangefarbene Ölbarrieren und freiwillige Helfer, die mit Zahnbürsten und einer Spüllösung das Gefieder von verölten Vögeln reinigen, prägen wie schon bei jeder Ölpest zuvor das Bild der Umweltkatastrophe, die die gesunkene Ölplattform MC252 im Golf von Mexiko ausgelöst hat. Die Situation im Golf aber ist diesmal erheblich gefährlicher als etwa nach der Havarie eines Öltankers wie der Exxon Valdez oder der Prestige: Das Erdöl strömt gut 1500 Meter unter dem Wasserspiegel ins Meer und stammt aus einer natürlichen Lagerstätte. Nach Aussage des Kommandeurs der US-Küstenwache, Thad Allen, liegt diese Lagerstätte aber noch einmal ungefähr 5500 Meter tiefer. „Dort befindet sich aber eine bisher noch nicht bestimmte Menge von Öl“, erklärt Thad Allen, der den Katastropheneinsatz in den USA leitet. Zumindest aber, so viel ist auch zum jetzigen Zeitpunkt schon klar, gibt es dort unten um viele Größenordnungen mehr Öl, als havarierte Tanker wie die Exxon Valdez vor Alaska oder die Prestige vor Spanien in ihren riesigen Tanks transportiert hatten.

Weil mehrere tausend Meter schweres Gestein auf diesem natürlichen Lager lastet, steht das Öl dort unten unter sehr großem Druck. Dadurch strömt es jetzt nach dem Untergang der Ölplattform durch die Bohrung nach oben und tritt durch das Leck am Meeresgrund direkt ins Wasser. Im Laufe der Wochen und Monate könnten so viele, viele Tankerladungen Öl austreten. „Aus diesem Grund konzentrieren sich die Maßnahmen darauf, den Ölaustritt an der Quelle zu stopfen“, erläutert Thad Allen.

Wie aber stopft man eine Ölquelle in 1500 Metern Wassertiefe? Dort unten ist der Wasserdruck 150-mal stärker als der Luftdruck, Taucher können dort daher kaum arbeiten. Mit ferngesteuerten Fahrzeugen aber sind die notwendigen Maßnahmen viel schwieriger. Obendrein ist es in der Tiefe stockdunkel und Kameras können die Arbeiten nur im Scheinwerferlicht mehr oder weniger gut beobachten.

Ob das Leck so überhaupt abgedichtet werden kann, und wie schnell das im günstigsten Fall dann möglich wäre, weiß derzeit niemand. Daher versucht der Ölkonzern BP, der die gesunkene Bohrinsel betrieben hat, die Folgen der Ölpest auch direkt am Meeresgrund einzudämmen. Zu diesem Zweck soll eine Vorrichtung ein Dispersionsmittel direkt in das austretende Öl injizieren. Da sich die beiden Flüssigkeiten nicht mischen, verteilt sich Öl unter Wasser in mehr oder minder großen Tropfen. Das Dispersionsmittel macht diese Tropfen kleiner. Sind die Tropfen klein genug, steigen sie nicht mehr zur Oberfläche.

Auf diese Weise könnte man zwar eine Ölpest an der Oberfläche verhindern. Weg ist das ausgetretene und beständig weiter austretende Öl aber deshalb noch lange nicht. Es bleibt vielmehr am Grund und könnte mit der Zeit dort eine Art Asphaltschicht bilden, die alles Leben unter sich erstickt. Genau das ist zum Beispiel nach einem Ölunfall vor der US-Küste in Massachusetts passiert. Bis der Asphalt vom Meeresboden verschwunden war, hat es 35 Jahre gedauert. In der Zwischenzeit aber werden aus dem Asphalt sogenannte „polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe“ (PAK) frei, die von Kleinstlebewesen aufgenommen werden. Die werden wiederum von Organismen der Tiefsee gefressen und reichern sich dann in diesen an. Ob diese giftigen und zum Teil krebserregenden PAKs über gefangene Fische letztendlich auf den Tellern der Menschen landen, ist aber ebenso wenig bekannt wie die möglichen Auswirkungen der Dispersionsmittel auf das Leben unten am Meeresgrund.

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