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Das Bild zeigt ein gesundes Frühchen auf der mittlerweile geschlossenen Station im Klinikum Bremen-Mitte.

© dpa

Keiminfektionen in Krankenhäusern: Tödliche Bakterien

Möglicherweise hat im Klinikum Bremen-Mitte eine Desinfektionsanlage die Keime auf der Frühchenstation übertragen. Auf der inzwischen geschlossenen Station starben daran im Jahr 2011 mindestens drei Kinder.

Möglicherweise ist die Ursache der tödlichen Frühchen-Infektionen im Jahr 2011 im Klinikum Bremen-Mitte (KBM) entdeckt worden. Der Direktor des Hygiene-Instituts an der Uni Bonn, Martin Exner, geht davon aus, dass der gefährliche Darmkeim Klebsiella pneumoniae bereits 2009 ins KBM eingeschleppt worden sein könnte. Anschließend könnte der Erreger über verunreinigte Desinfektionslösungen weiterverbreitet worden sein. Allerdings seien noch weitere Untersuchungen nötig, um diesen Verdacht zu bestätigen. Mit deren Ergebnis werde erst in ein bis zwei Wochen gerechnet.

Exner, der in der Kommission für Krankenhaushygiene beim bundeseigenen Robert-Koch-Institut sitzt und von Bremen als „externer Aufklärer“ zu Rate gezogen wurde, forderte am Freitag bundesweit Konsequenzen. Denn der mögliche Überträger der Klebsiella-Keime war eine Desinfektionsmittel-Dosieranlage, wie sie bundesweit in Kliniken eingesetzt werde. „Das wäre eine besonders tückische Quelle“, so Exner. Bisher sei der im KBM grassierende Klebsiella-Stamm nur in Russland aufgetaucht. Vermutlich sei er 2009 durch einen „aus dem Ausland stammenden“ kleinen Patienten oder seine Familie in die Frühchenstation eingeschleppt worden. 2011 starben drei Frühchen an dem Bakterium, das gegen die meisten Antibiotika unempfindlich ist. Trotz anschließender Sanierung und Desinfizierung der Räume tauchte der Keim in diesem Februar erneut auf. Daraufhin wurde die Station samt benachbarter Geburtshilfeabteilung ganz geschlossen.

Exner ließ jetzt ein Gerät auf der Station untersuchen, das aus Wasser und einem Desinfektions-Konzentrat eine Lösung mischt, mit der Desinfektionstücher getränkt werden. In dieser mittlerweile stillgelegten Anlage fand sich laut Exner in einem Wasserschlauch ein „Biofilm“, in dem sich damals auch Klebsiellen angesammelt haben dürften; nachträglich seien Reste von Klebsiella-DNA identifiziert worden. Bisher sei zwar unklar, ob es sich um denselben Klebsiella- Stamm wie bei den Todesfällen handelt. Der Befund könne aber auf ein „besonders tückisches Reservoir“ an Erregern hinweisen. Wenn sich von Zeit zu Zeit ein Klumpen von dem Biofilm ablöse, kämen die Bakterien so hoch konzentriert in das Desinfektionsmittel, dass sie kaum noch abzutöten seien. Wie der Erreger in den Schlauch hineingeraten sei, darüber wolle er nicht spekulieren.

Nach Exners Worten ist die Hygiene-Problematik von Dosiergeräten seit den 80er Jahren bekannt. Deshalb seien damals die besonders anfälligen zentralen Anlagen durch dezentrale ersetzt worden. Jetzt müssten sich die Hygieniker offenbar verstärkt mit diesen dezentralen Geräten befassen. Insgesamt würden die Gefahren durch resistente Bakterien zunehmen, dies sei eine „gesamtgesellschaftliche Herausforderung in den nächsten Jahren“.

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