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Panorama: Kein Bier mehr in Antalya?

Die Türken mögen mehrheitlich Moslems sein, aber mit dem Alkohol-Verbot im Islam nehmen es die meisten nicht allzu genau. Auf Bier, Wein oder den Nationalschnaps Raki zu verzichten, käme den meisten Türken nicht in den Sinn.

Die Türken mögen mehrheitlich Moslems sein, aber mit dem Alkohol-Verbot im Islam nehmen es die meisten nicht allzu genau. Auf Bier, Wein oder den Nationalschnaps Raki zu verzichten, käme den meisten Türken nicht in den Sinn. Umso größer ist jetzt die Aufregung um eine Forderung des islamistischen Politikers Recep Tayyip Erdogan: Der Vorsitzende der gemäßigt-religiösen AK-Partei fordert allen Ernstes eine Einschränkung des Alkohol-Ausschanks in der Öffentlichkeit.

Populistischer Wahlkampf

Wenn die AK-Partei bei den nächsten Wahlen an die Macht komme, werde er eine Volksabstimmung über den öffentlichen Alkoholausschank ansetzen, sagte Erdogan. Als Oberbürgermeister der lebenslustigen Metropole Istanbul hatte er in den neunziger Jahren Alkohol aus städtischen Lokalen verbannen lassen, jedoch Wein, Bier und Raki in privaten Etablissements weiter ungestört fließen lassen.

Die Istanbuler haben sich längst daran gewöhnt; weniger getrunken wird deshalb nicht. Ähnliches schwebe ihm nun für die ganze Türkei vor, sagte Erdogan. Doch einige seiner Äußerungen ließen den Schluss zu, dass er wesentlich weitergehen und den Alkohol-Ausschank an allen "öffentlichen Orten" verbieten will, was auch Straßen- oder Strandcafes für die vielen Touristen einschließen würde. Kein Bier mehr am Strand von Antalya? Die Türken trauten ihren Augen und Ohren nicht.

Dabei geht es wohl nicht nur um die Angst, dass die vielen Touristen aus Deutschland ausbleiben, die dem Land wichtige Devisen bringen. Auch die Türken selbt fürchten ein solches Verbot, ist doch der Alkohol nicht aus dem Leben wegzudenken. Niemandem solle der Alkohol-Genuss verboten werden, beschwichtigt Erdogan, als die Wogen hochgingen. Er selbst ist ein frommer Moslem, der weder raucht noch trinkt. An ein Verbot in privaten Lokalen werde nicht gedacht. Erdogan beruft sich bei seinen Forderungen auch nicht auf den Islam, sondern ausdrücklich auf die türkische Verfassung, die den Staat dazu verpflichtet, die Jugend vor Alkohol und Drogen zu schützen.

Doch in der nicht-islamistischen Öffentlichkeit kann Erdogan damit keinen Blumentopf gewinnen. Ihm wird vorgeworfen, mit der Alkohol-Forderung endlich sein wahres Gesicht als radikaler Islamist gezeigt zu haben.

Eine Zeitung verglich Erdogan sogar mit dem osmanischen Sultan Murat IV, einem brutalen Despoten, der in seiner Regierungszeit im 17. Jahrhundert den Konsum von Alkohol, Kaffee und Tabak mit der Todesstrafe ahnden ließ.

Dass Erdogan offen zugibt, mit der Alkohol-Forderung bei der für alle türkischen Parteien wichtigen konservativ-religiösen Wählerschicht Stimmen holen zu wollen, verbessert seine Lage aus Sicht seiner Kritiker nicht.

Erdogan benutze das Alkohol-Verbot als populistisches Instrument beim Stimmenfang, kritisierte die anti-islamistische Tageszeitung "Cumhuriyet". Sogar andere Islamisten fielen über Erdogan her.

Alles ein Sturm im Raki-Glas, sagt Erdogan inzwischen. Er erklärte die Diskussion für beendet und will sich nicht mehr zu dem Thema äußern.

Kein Wunder: Als durch und durch nüchterner Politiker hat er wohl erkannt, dass er mit seinen Vorschlägen eher Wähler vergrault als gewinnt. Türkei-Urlauber werden also auch weiterhin in Antalya ihr Gläschen trinken können.

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