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Panorama: Kein Prinz kann Claus ersetzen

Der verstorbene Ehemann der niederländischen Königin Beatrix verband die Monarchie mit der Bevölkerung

Von Klaus Bachmann, Amsterdam

Tausende Niederländer haben bereits von Prinz Claus Abschied genommen, seit am Donnerstagmorgen der Sarg des am Sonntagabend verstorbenen Ehemanns von Königin Beatrix im Palast Noordeinde in den Haag eingetroffen ist. Am Donnerstag kamen beide Häuser des Parlaments zu einer Sondersitzung zusammen, um auf diese Weise Abschied von dem populären Prinzen zu nehmen. Die Politiker in Den Haag vermeiden bis zur Beerdigung des Prinzen am Dienstag in Delft politische Auseinandersetzungen, selbst die zutiefst zerstrittene „Liste Pim Fortuyn" will diese Tage zur Besinnung nutzen.

Doch unter der Hand beginnt bereits eine Debatte über die Zukunft der Monarchie. Die Magie des königlichen Paares sei mit dem Tod von Prinz Claus verschwunden, schrieb eine große Tageszeitung am Tag nach dem Ableben von Königin Beatrix’ Gatten. Prinz Claus war, da sind sich die Beobachter einig, nicht nur Beatrix wichtigster Berater, er trug auch wesentlich dazu bei, das Band zwischen der Monarchie und der Bevölkerung zu stärken. „Die Monarchie gründet auf einem Mythos, der mit ihrer Entstehungsgeschichte, der Befreiung der Niederlande verbunden ist", erklärt der Amsterdamer Historiker und Monarchie-Experte Coos Huysen. „Denn im Grunde sind wir natürlich eine Republik. Beatrix hat mir gegenüber einmal selbst vom Problem der Erblichkeit gesprochen – für sie ist das ein Problem, dass sie ihren Titel geerbt und nicht erworben hat und sie glaubt, sie müsse das durch ihre Arbeit rechtfertigen, so sehr hat sie die republikanische Monarchiekritik selbst verinnerlicht." Der Versuch, ihre Macht zu rechtfertigen, habe bei ihr zu Perfektionismus und einer hohen Professionalität geführt, die sie dem Volk gegenüber kühl und distanziert erscheinen lassen. „Da war Claus der Gegenpol, mit seiner Menschlichkeit, Wärme und Gebrechlichkeit, die er nie versucht hat zu verbergen", so der Historiker, der mit seinem Buch über die Monarchie als „postmodernen Mythos"Aufsehen erregte. Durch das Zusammenspielen von Professionalität und Volksnähe sei es Beatrix und Claus gelungen, den royalen Mythos zu modernisieren. „Unsere Monarchie ist sehr flexibel", meint Huysen, der früher immerhin für die wenig royalistischen Sozialdemokraten im Parlament saß. Er glaubt nicht, daß Beatrix wegen Claus Tod in nächster Zeit ihren Thron aufgibt.

Spekulationen über einen Thronverzicht hatte vor allem die Tageszeitung „De Volkskrant“ ausgelöst. Nun stehe das Thema Abdankung auf der Tagesordnung der wöchentlichen Sitzungen von Premierminister Balkenende mit Königin Beatrix, kommentierte das Blatt am Tag nach Claus Tod. Beatrix hatte bereits vor der Hochzeit der Argentinierin Maxima Zorreguieta mit Thronfolger Willem-Alexander im Februar ihrer Befürchtung Ausdruck gegeben, die Monarchie könne durch die Medien unter zu starken Druck kommen. Sie hatte erklärt, sie wolle dem frisch verheirateten Paar erst genug Zeit geben, eine eigene Familie aufzubauen. „Nach den Signalen, die zu mir dringen, weist nichts darauf hin, dass sie ihre Ansicht geändert hat", so Huysen.

Der Fraktionschef der Linksliberalen im Parlament, Tom De Graaf, hat bereits vor einem Jahr versucht, eine Debatte über die Zukunft der Monarchie und die Beschränkung ihrer verfassungsmäßigen Rechte in Gang zu bringen, war aber dann unter dem Eindruck des Oranje-Taumels, den die Hochzeit Maximas ausgelöst hatte, verstummt.

Nun hat, gedämpft durch die Trauerstimmung im Land, eine unterschwellige Debatte über die künftige Rolle des königlichen Ehepartners eingesetzt. Selbst prominente Politiker flechten in ihre Trauerreden immer wieder Bemerkungen über das „bleischwere Opfer" ein, das Prinz Claus mit seiner Bereitschaft gebracht habe, sich dem Oranje-Protokoll unterzuordnen. Von einem „goldenen Käfig" ist die Rede und Premier Balkenende erwähnte, Claus Leistung sei dadurch noch höher einzuschätzen, als wenn er sie „in Freiheit" erbracht hätte. Oft klingt da die Frage durch, ob man der künftigen Nummer zwei im Haus Oranje ähnliche Beschränkungen auferlegen dürfe – umso mehr, als es sich dabei um die höchst populäre, unkomplizierte und lebenslustige Maxima handeln wird. De Graaf plädierte denn auch bei einer Gedenksitzung beider Häuser des Parlaments am Donnerstag dafür, Maxima mehr Raum zur Entfaltung ihrer Talente zu geben. Premier Balkenende sprach sich dafür aus, dabei aber doch in den Grenzen der Oranje-Tradition zu bleiben.

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