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Kindermord in Schweden: Staatsanwältin fordert lebenslange Haft für Deutsche

Keine Beweise, aber mangelnde Glaubwürdigkeit: In dem Prozess gegen eine Studentin aus Hannover sind in Schweden die Schlussplädoyers gesprochen worden. Die Angeklagte soll zwei kleine Kinder mit einem Hammer umgebracht haben - aus Eifersucht.

Mit mehr als 40 Hammerschlägen soll sie zwei kleine Kinder in Schweden umgebracht und deren Mutter schwer verletzt haben. Dafür soll die 32 Jahre alte Studentin aus Hannover lebenslang in Haft oder dauerhaft in eine geschlossene Psychiatrie. Staatsanwältin Frieda Gummesson begründete ihre Forderung am Montag im Gerichtssaal von Västerås damit, dass die aufsehenerregenden Morde in der schwedischen Kleinstadt Arboga kurz vor Ostern "ohne jeden Zweifel" aus Eifersucht und in einem Tobsuchtsanfall von der Deutschen begangen worden seien. Der Verteidiger Per-Ingvar Ekblad verlangte Freispruch.

Vor überlebensgroßen Fotos mit den Ermordeten, dem drei Jahre alten Max und seiner einjährigen Schwester Saga, räumte die Anklägerin in ihrem Schlussplädoyer ein, dass es keine sicheren technischen Beweise gegen die Deutsche wie DNA-Spuren oder die Tatwaffe gibt. Dennoch gebe es an ihrer Täterschaft keine Zweifel: "Die Eifersucht als Motiv ist unzweideutig. Und es ist immer deutlicher geworden, dass die Frau rein praktisch die Möglichkeit zu dieser Tat hatte." Die Geschichtsstudentin gab vor Gericht zu, dass sie sich am Mordtag in der Kleinstadt Arboga aufgehalten hatte, will dort aber nur eine archäologische Grabungsstätte besucht haben. Sie bestritt stets den Mordvorwurf.

Studentin musste mehrfach Aussagen revidieren

Die 23 Jahre alte Mutter der Kinder verfolgte das Schlussplädoyer im Gerichtssaal mit ihrem Lebensgefährten, der früher mit der Deutschen liiert gewesen war. Über die Aussagen der ganz in Schwarz gekleideten Angeklagten vor Gericht sagte die Staatsanwältin, die Studentin habe mehrfach Lügen zugeben müssen: "Ihr fehlt jede Glaubwürdigkeit. Dass sie lügt, macht sie noch nicht zur Täterin. Aber man muss sich schon fragen, warum sie lügt."

Wegen des Fehlens technischer Beweise und einer zweifelhaften Identifizierung durch die Mutter der Kinder galt die Glaubwürdigkeit der Angeklagten vor Gericht als zentrale Frage für einen möglichen Schuldspruch. Unter anderem hatte die Deutsche auch im Prozess noch behauptet, sie habe aus ihrer Verbindung zum schwedischen Ex-Freund ein Kind zur Welt gebracht und zur Adoption freigegeben. Dies bezeichneten alle Zeugen durchweg als nicht möglich.

Gummesson führte an, dass die Studentin am 17. März von Arboga aus um 19.30 Uhr den Zug nach Stockholm genommen habe. Die Bluttat hatte sich zwischen 19.00 und 19.17 Uhr ereignet. "Das ließ ihr genug Zeit, zum Bahnhof zu gehen." Auch am Tatort gefundene Schuhabdrücke passten zu Schuhen der Angeklagten. Diese konnten allerdings nicht gefunden werden.

Verteidigung mahnt Beweise an

Wie erwartet plädierte die Verteidigung auf Freispruch. "Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind nichts weiter als Spekulationen", sagte der Anwalt Per-Ingvar Ekblad. Er erklärte weiter: "Es ist doch schon merkwürdig, dass die Anklage kein einziges Beweisstück vorlegen kann." Die Staatsanwaltschaft sprach sich für eine umfassende psychiatrische Untersuchung der Angeklagten im Falle eines Schuldspruchs aus. Nach schwedischem Recht wird dies erst zum Abschluss von Prozessen angeordnet.

Über eine Untersuchung durch einen Psychiater teilte das Gericht am Montag mit, es gebe "Hinweise auf ernste psychische Störungen in Phasen vor der Tat sowie während der Untersuchung". Schwedische Prozessbeobachter bezeichneten die für September erwartete Entscheidung des Gerichtes wegen der schwachen Beweislage als offen. (peg/dpa)

Thomas Borchert[dpa]

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